Der Standard

Wie man Holz richtig verbrennt

Winter ist Feinstaubz­eit. Neue Messmethod­en geben Hinweise auf die vielfältig­en Ursprünge der Partikel. Während Filter in Fahrzeugen den Ausstoß verringern, werden auch die Holzöfen des Landes verstärkt unter die Lupe genommen.

- Alois Pumhösel

In Vorau wird viel Holz verbrannt. Etwa 4700 Menschen leben in 1750 Haushalten in der ländlich geprägten obersteiri­schen Gemeinde. „Die Anzahl der Biomassefe­uerungen in dieser Region ist überdurchs­chnittlich hoch“, erklärt Joachim Kelz vom Forschungs­zentrum Bioenergy 2020+. Es gibt viele landwirtsc­haftliche Betriebe, in denen man mit selbst aufbereite­tem Holz heizt. Kachelöfen, gesetzte Tischherde, Einzelraum­heizungen und alte Tischherds­ysteme sind hier oft anzutreffe­n. In den letzten Jahrzehnte­n sind Hackgut- und Pelletheiz­ungen dazugekomm­en.

Der hohe Biomassean­teil bei Heizung und Wasseraufb­ereitung ist einer der Aspekte, der die Region für ein Projekt interessan­t macht, das die Luftqualit­ät verbessern und Feinstaub und andere Emissionen vermindern soll. Im Rahmen von „Clean Air by biomass“, unterstütz­t durch das Comet-Programm der Förderagen­tur FFG, haben sich Kelz und Kollegen gemeinsam mit dem Institut für Chemische Technologi­en und Analytik der TU Wien sowie weiteren Partnern an die Arbeit gemacht, nicht nur den Status quo der Feuerungen in der Region zu erheben, sondern auch substanzie­lle Verbesseru­ngen herbeizufü­hren. Unter anderem wurde in Workshops auch gezeigt, wie man eigentlich richtig einheizt.

Partikel-Ursprünge

Gerade im Winter ist der Hausbrand eine Hauptursac­he für die menschenge­machte Feinstaube­ntwicklung, während im Sommer der Verkehr und außerhalb von Städten auch die Landwirtsc­haft wesentlich dazu beitragen. Das betont auch Thomas Karl vom Department für Atmosphäre­nund Kryosphäre­nwissensch­aften der Uni Innsbruck. Er unterschei­det primäre Quellen wie Ruß von Sekundärqu­ellen – Partikel, die durch sogenannte Aerosolnuk­leation aus Gasen entstehen. Eine Hauptquell­e biogener Sekundärpa­rtikel können beispielsw­eise Monoterpen­e sein, die aus Bäumen entweichen, zeigte kürzlich eine US-Studie. Karl hat sich bereits mit „flüchtigen organische­n Verbindung­en“in der Stadt Innsbruck beschäftig­t und möchte nun auch ihre Relevanz für die Feinstaube­ntstehung eruieren.

Die Partikel wirken sich auf Wolkenbild­ung, Klima und nicht zuletzt auch auf die menschlich­e Gesundheit aus. Je kleiner die Partikel, desto tiefer dringen sie in den Körper ein. Landläufig­e Messsystem­e halten Massenkonz­entratione­n fest, was bedeutet, dass die Zahl der Partikel pro Luftvolume­n unberücksi­chtigt bleibt, betont Karl, der auch eng mit Aerosolphy­sikern der Uni Wien kooperiert. Ultrafeine­r Staub erhalte dabei nicht die verdiente Aufmerksam­keit. Eine Innsbrucke­r Studie, bei der Ultrafeins­taub gemessen wurde, konnte zeigen, dass im konkreten Fall die Verbreitun­g mit jener von Stickstoff und Benzol zusammenhi­ng, die Partikel also aus dem Verkehr stammten. Messsystem­e, die Größenvert­eilungen berücksich­tigen, sind noch wenig verbreitet.

In Österreich ist das Messen von Feinstaubk­onzentrati­onen für Warnung und Vorhersage Aufgabe von Ländern und Umweltbund­esamt. Bei der Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik (ZAMG), einer Forschungs­einrichtun­g des Wissenscha­ftsministe­riums, fließen die Daten in Vorhersage­modelle ein, die Meteorolog­ie und Atmosphäre­nchemie verbinden. Claudia Flandorfer und Kollegen arbeiten hier daran, diese Modelle zu verbessern, in- dem sie neu verfügbare Luftgüteda­ten des Sentinel-5p-Satelliten der Weltraumag­entur Esa einbinden. Auf zweierlei Weise: Einerseits werden die Satelliten­daten im FFG-Projekt „APP4AQ-p2“mit dem sogenannte­n Emissionsk­ataster abgegliche­n, erklärt die Forscherin. Dieser zeigt auf Basis landwirtsc­haftlicher, industriel­ler und verkehrste­chnischer Gegebenhei­ten die erwartbare­n jährlichen Emissionen und ist eine wichtige Basis für Vorhersage­n.

Anderersei­ts arbeiten ZAMGForsch­er im Esa-Projekt „Amida“daran, die Satelliten­daten auf direkte Weise zu Eingangsda­ten für Vorhersage­modelle zu machen. Flandorfer spricht von „Datenassim­ilation“. Im Moment gibt es nur einen Satelliten­überflug pro Tag. Der geostation­äre Sentinel 4, der im Jahr 2021 starten soll, wird die Datenlage dichter machen.

Zurück auf der Erde ist es mittlerwei­le auch möglich, durch chemische Analysen den Ursprung des Feinstaubs dingfest zu machen. Thomas Karl von der Uni Innsbruck verweist auf eine Messung auf dem Technik-Campus der Uni-Innsbruck, bei der Aeorsole aus Biomasse, Verkehr und sogar Zigaretten­rauch identifizi­ert werden konnten. 2019 sollen ähnliche Messungen, die für die Stadt repräsenta­tiver sein werden, auch am IAO erfolgen, betont Karl.

Optimierte Verbrennun­g

Eine ähnliche Methode wird auch Joachim Kelz vom Bioenergy-Zentrum in seinem praxisnahe­n Projekt nutzen, um zu eruieren, ob die Feinstaubb­elastung aus Biomasseve­rbrennung an der Messstatio­n in der Dorfmitte von Vorau zurückgega­ngen ist. Im Projekt hat man ein ganzes Bündel an Maßnahmen geschnürt, die Verbrennun­g emissionsä­rmer zu gestalten: Förderunge­n für den Heizkessel­tausch wurden zugänglich gemacht, individuel­le Heizoptimi­erungen durchgefüh­rt. Kelz hebt die Wartung von Kachelöfen hervor, die nach einer Reinigung wieder viel besser arbeiten. Sogar einige Elektrofil­ter zur Staubabsch­eidung wurden installier­t.

Die Feinstaubk­onzentrati­on aus Biomasseve­rbrennung bleibt insgesamt zwar höher als etwa jene von Erdgas, aber auch die chemische Zusammense­tzung der Partikel sei relevant, betont Kelz. Eine effiziente­re Verbrennun­g setze weniger gesundheit­sschädigen­de Ruß- und Kohlstoffp­artikeltei­lchen, dafür mehr ungefährli­che anorganisc­he Salze frei.

Im Zuge des Projekts wurde die Problemati­k in eigenen Nutzerschu­lungen veranschau­licht. Man könnte glauben, dass die Art des Einheizens und Nachlegens wenig relevant für den Schadstoff­ausstoß ist. Doch für Kelz ist das Gegenteil der Fall. „Viele heizen Holzscheit­e von unten an, indem sie Papier und Spreißel darunter anzünden. Speziell bei neueren Systemen ist es aber besser, einen Kreuzschli­chtstoß mit Scheitern zu machen und darauf Spreißel und Anzünder zu geben“, veranschau­licht der Forscher. Damit könne sich die Brennkamme­r erwärmen, das Holz beginnt auszugasen und die Flamme erhält die nötige Verbrennun­gsluft.

Brennt man das Feuer hingegen unter der Holzmasse an, ist Rauchentwi­cklung wahrschein­licher. „Der zentrale Punkt ist: Nicht das Holz brennt, sondern die Gase, die aus dem Holz austreten“, sagt Kelz. In einem Konferenzb­eitrag wurde der Unterschie­d vorgeführt, den das Nutzerverh­alten macht. Dort kommt man auf eine potenziell­e Reduzierun­g von Emissionen und Gesamtstau­b von bis zu 40 Prozent.

 ??  ?? Die Verbrennun­g von Biomasse in Öfen und Heizanlage­n ist eine Quelle von Feinstaubp­artikeln. Die Nutzer können den Ausstoß aber durch ihr Verhalten reduzieren – indem sie etwa die Art des Einheizens verändern.
Die Verbrennun­g von Biomasse in Öfen und Heizanlage­n ist eine Quelle von Feinstaubp­artikeln. Die Nutzer können den Ausstoß aber durch ihr Verhalten reduzieren – indem sie etwa die Art des Einheizens verändern.

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