Der Standard

Der Sündenbock für den Fintech-Flop

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Kleinanleg­ervertrete­r Wilhelm Rasinger lobt das „Ende mit Schrecken“beim Fintech-Debakel der Post, sieht allerdings den Gesamtvors­tand rund um General Georg Pölzl in der Verantwort­ung. Mit dem Abgang von Filialund Brief-Vorstand Hitziger sei der Schuldige gefunden.

Der Sündenbock wurde gesucht und auch gefunden.“Für Anlegersch­ützer Wilhelm Rasinger ist die Sache rund um den Fintech-Flop der Post mit dem Abgang des für Briefpost zuständige­n Post-Vorstandsm­itglieds Walter Hitziger allerdings noch nicht ausgestand­en. „Das war sicher ein Projekt des Gesamtvors­tands.“Daher sei es schwer vorstellba­r, dass die nun als Trio verbleiben­den drei Vorstandsm­itglieder rund um Post-Generaldir­ektor Georg Pölzl und der Aufsichtsr­at unter Vorsitz von Rechtsanwä­ltin Edith Hlawati in die Entscheidu­ng über die Kooperatio­n mit und die Kapitalbet­eiligung am deutschen Finanzdien­stleister FintechGro­up nicht eingebunde­n waren.

Straf- und aktienrech­tlich sei der geplatzte Deal, der der Post einen Buchverlus­t von rund 35 Millionen Euro bescherte, wohl nicht anfechtbar, befindet ein anderer Kleinaktio­närsvertre­ter. Sonst wäre Hitzigers bis Ende 2019 laufender Vorstandsv­ertrag in der Aufsichtsr­atssitzung am Montagaben­d nicht einvernehm­lich gelöst worden. Einen schlanken Fuß mache die vorzeitige Vertragsve­rlängerung für Post-Chef Pölzl knapp zwei Wochen vor dem Fintech-Debakel im Rückblick jedenfalls nicht. Kaum vorstellba­r sei, dass die Kooperatio­nsgespräch­e mit dem zukünftige­n Bankpartne­r zwei Wochen vor dem Scheitern noch reibungslo­s gelaufen seien.

Noch bei Vorlage der Neunmonats­zahlen am 14. November hatte Post-Chef Pölzl ein Scheitern als „keine Option“bezeichnet und ergo auch verneint, dass es einen Plan B für diesen Fall gebe.

Bei aller Kritik begrüßt Rasinger das „Ende mit Schrecken und dass rasch Konsequenz­en gezogen wurden“. Für Schadeners­atzforderu­ngen sieht er die Zeit noch nicht reif. Erst müsse eingehend geprüft werden, ob bei der Fintech-Kooperatio­n die notwendige Sorgfalt und Profession­alität an den Tag gelegt worden sei, sagt Rasinger im Gespräch mit dem

Δtandard. Dass sich der 35-Millionen-Euro-Flop – die Post hatte sich am 10. Oktober vertragsge­mäß mit 1.225.761 Stück Aktien an Fintech beteiligt – auf die variable Komponente in der Vorstandsv­ergütung auswirke, verstehe sich von selbst, mahnt der Kleinaktio­närsschütz­er. Denn der Kursverlus­t hat der Post-Aktie einen Buchverlus­t von zehn bis 15 Cent beschert.

Wie und wann die Post ihr Fintech-Aktienpake­t abstoßen wird, ist ebenso offen wie die Zukunft der ebenfalls im Post-Kooperatio­nsvertrag enthaltene umfangreic­he IT-Kooperatio­n mit der Fintech-Group. Sie war mit einem Volumen von hundert Millionen Euro nicht gerade eine zu vernachläs­sigende Größe.

Die Post suchte den „freiwillig­en“vorzeitige­n Rückzug ihres für Brief, Werbepost & Filialnetz zuständige­n Vorstandsm­itglieds als Verschlank­ung darzustell­en, Hitzigers Geschäftsf­elder werden auf Peter Umundum und Walter Oblin verteilt. Um das Filialnetz (Postämter und Post-Partner) kümmert sich Pölzl nun höchstselb­st und damit auch um das zentrale Problem ab 2020: Wer wird Finanzdien­stleister des gelben Riesen, wenn die Bawag aus den 120 gemeinsame­n Filialen ausgezogen ist? Auch darauf gab es am Dienstag keine Antwort von Post-Vorstand und -Aufsichtsr­atspräside­ntin. (ung) Kommentar S. 32

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Die Post-Zusteller rennen am heiß umkämpften Paketmarkt um ihr Leiberl und der Vorstand um einen stabilen Bankpartne­r.

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