Börsen fassen nach Kursrutsch wieder Tritt
Der Absacker der Wall Street wurde am Dienstag rasch verdaut. Obwohl die Konjunkturdaten in Europa schwach ausfielen, legten Anleger die tiefen Kurse als Kaufgelegenheit aus.
Wien – Schlechter hätte der Start in die letzte Handelswoche vor Weihnachten an der Wall Street kaum ausfallen können. Mehr als zwei Prozent war der Dow Jones abgesackt, womit sich der Kursverlust des Index im Dezember bereits auf fast sieben Prozent summiert hatte. Wellen schlug am Markt ein Interview mit Jeffrey Gundlach, dem Chef der Investmentfirma Double Line. Er sagte CNBC, er gehe davon aus, dass sich die Wall Street bereits in einem „Bärenmarkt“befinde, also in einer übergeordneten Phase stetig sinkender Kurse. Der US-Notenbank Fed ließ er ausrichten, die Zinsen nicht weiter anzuheben.
Diese wird zur Wochenmitte zum letzten Mal im laufenden Jahr über den US-Leitzins entscheiden. Im September hatte sie – sehr zum Ärgernis von Präsident Donald Trump – auf die Zinsspanne von zwei bis 2,25 Prozent gehievt. Nach seinen heftigen Attacken am Vortag griff Trump am Dienstag erneut die Geldpolitik der Fed scharf an: Er forderte die Notenbank auf, den Leitzins nicht anzuheben und keinen „weiteren Fehler“zu begehen. An den Finanzmärkten wird aber ungeachtet des präsidialen Säbelrasselns ein neuerlicher Zinsschritt auf 2,25 bis 2,5 Prozent erwartet.
Mittel- bis langfristig orientierte Investoren schichteten derzeit ihr Geld um, sagte Marktanalyst Shogo Maekawa von JP Morgan Asset Management. „Sie fahren riskante Anlagen wie Aktien zurück und fügen mehr festverzinsliche Produkte wie kurzfristige US-Anleihen hinzu.“Das drückte etwa die Rendite zweijähriger USStaatsanleihen auf 2,67 Prozent, nachdem diese vor Kurzem noch an der Dreiprozentmarke gekratzt hatte.
An Europas Börsen schwachen Vorgaben lagen die der Wall eingrenzen oder wie der deutsche Dax sogar ins Plus vorstoßen, wenngleich nur zwischenzeitlich. Investoren legten das tiefe Kursniveau als Kaufgelegenheiten aus.
Dabei sind auch die konjunkturellen Nachrichten bescheiden ausgefallen. Der deutsche Ifo-Index sank im Dezember den vierten Monat in Folge und markierte damit auf den niedrigsten Stand seit gut zwei Jahren, „In diesem Jahr fällt die Bescherung für die deutsche Wirtschaft mager aus“, kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Weltweit sehen wir nachlassende Erwartungen, was das Wachstum der Weltwirtschaft im Jahr 2019 angeht“, sagte Analyst Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets. „Das drückt vor Weihnachten gehörig auf die Stimmung, vor allem bei den höher bewerteten amerikanischen Aktien.“
Federn musste auch der Ölpreis lassen, der Preis für ein Fass des Nordseeöls Brent rutschte auch ein 14-Monatstief. Das beflügelte zwar Airlines wie die Lufthansa, sorgte jedoch im Gegenzug bei Ölwerten wie der OMV an der Wiener Börse für Kursverluste. Gestützt wurde der Wiener Markt hingegen von Kursgewinnen bei Voestalpine, Wienerberger, der Post sowie CA Immo.
An der Wall Street, die sich am Dienstag von den Vortagesverlusten erholt zeigte, rückte der Flugzeugbauer Boeing in den Vordergrund. Zur Freude der Investoren startet dieser ein neues Aktienrückkaufprogramm mit einem Gesamtvolumen von 20 Milliarden US-Dollar. (red)