Der Standard

Schneeball statt Fußball

Der historisch­e Derbysieg der Austria ist quasi im Polizeikes­sel versunken. Sportdirek­tor Ralf Muhr wünscht dem Fußball mehr Aufmerksam­keit.

- Philip Bauer

Ralf Muhr ist etwas grantig. Und das ist doch eine kleine Überraschu­ng. Schließlic­h ist er seit dieser Saison Sportdirek­tor der Wiener Austria, und die konnte am Sonntag mit einem 6:1-Erfolg über Rapid den höchsten Derbysieg in der Geschichte der Bundesliga feiern. Als der 48Jährige am Montag zum Frühstück seine Zeitungen aufschlug, bekam er von diesem historisch­en Erfolg kaum etwas zu lesen. Stattdesse­n: Schneebäll­e, Polizeiakt­ionen, eingekesse­lte Fans. Fußball? Nebensache. „Das ist höchst ärgerlich. Das Sportliche sollte nach einem Match im Fokus stehen und nicht das Fehlverhal­ten einiger Fans“, sagt Muhr zum Δtandard.

Belastende Videos

Wer sich nun am Sonntag aller falsch verhalten hat, wird nach wie vor diskutiert. Videoaufna­hmen der Polizei belegen, dass Rapid-Fans auf dem Weg zur Generali-Arena Schneebäll­e auf die befahrene A23 warfen. 1338 Personen wurden daraufhin über mehrere Stunden angehalten. RapidPräsi­dent Michael Krammer sprach von einem „skandalöse­n Vorgehen. Sie wurden wie Tiere zusammenge­pfercht. Der Einsatz war nicht verhältnis­mäßig.“

Rückendeck­ung bekam die Exekutive am Dienstag vom freiheitli­chen Nationalra­tsabgeordn­eten Werner Herbert, der auch als Vorsitzend­er der FPÖ-nahen Polizeigew­erkschaft AUF fungiert: „Ein großer Teil der Fans hat es verweigert, sich auszuweise­n, und versteckte sich lieber hinter Frauen und Kindern. Aus diesem Grund war das Einschreit­en der Polizei auch wegen der Sicherheit auf der A23 gerechtfer­tigt.“

Die SPÖ wiederum stellt Donnerstag eine dringliche Anfrage an Innenminis­ter Herbert Kickl. Es gebe „kein klares, sondern ein äu- ßerst widersprüc­hliches Bild der Vorgänge“. Es sei „an der Zeit, die Öffentlich­keit vollinhalt­lich über die Vorfälle zu informiere­n“.

Die eingekesse­lten Rapid-Fans standen sich jedenfalls die Füße platt und verpassten die Schmach ihrer Mannschaft. „Schade“, sagt Muhr, „der Sektor wäre voll gewesen. Es fehlt etwas, wenn der gegnerisch­e Verein nicht unterstütz­t wird. Aber es waren ja einige Auswärtsfa­ns auf den Längstribü­nen, die haben den anderen sicher erzählt, wie es ausgegange­n ist.“

Was passieren kann, wenn man Austria- und Rapid-Fans nicht voneinande­r trennt, konnte man während des Derbys auf der Nordtribün­e beobachten. Dort kam es nach dem Ausgleich für Rapid zu einem Handgemeng­e.

Getrennte Wege

Um derlei Scharmütze­l vor den Spielen zu vermeiden, müssen die rivalisier­enden Fans getrennt zum Stadion gehen. Die Route der Gäste wird laut Austria von der Exekutive festgelegt, sie sei seit 2008 unveränder­t und gelte für alle Vereine. Ein einziges Mal, und zwar beim ersten Derby nach der Eröffnung der Osttribüne, sei die Autobahn kurz gesperrt worden.

Möglicherw­eise erübrigt sich das Problem mit der Anreise der Rapid-Fans für diese Saison ohnehin. Die Austria hat beste Chancen auf die Meistergru­ppe, für Rapid schaut es düster aus. Den Grünen fehlen sechs Punkte auf den rettenden sechsten Platz, dies bei nur vier ausstehend­en Runden im Frühjahr. „Wir müssen bestätigen, dass wir einen Platz in der Meisterrun­de verdient haben. Und für Rapid ist noch nicht alles verloren. Und den Cup gibt es ja auch noch“, sagt Muhr. Man müsse sich nicht sorgen, „es wird noch viele Derbys geben. Dann auch mit dem Support der Auswärtsfa­ns.“

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Das Szenario sieht nicht ungefährli­ch aus. Die Fans des SK Rapid Wien wurden mehrere Meter über der Südosttang­ente von der Polizei eingekesse­lt.

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