Der Standard

Freut euch, das Packerl kommt bald – oder auch nicht

- Regina Bruckner

Zuverlässi­g werden jährlich die Pakete, die Logistikdi­enstleiste­r zu Weihnachte­n ausliefern, mehr. Das wird sich auch künftig nicht so schnell ändern. Weniger zuverlässi­g sind die Zusteller mit der Abgabe beim Kunden. Fehlerfrei­e Auslieferu­ng gelingt vielen nicht.

Sie haben noch nicht alle Weihnachts­geschenke beisammen? Kein Problem, noch verspreche­n diverse Onlinehänd­ler, dass bei ihnen gekaufte Ware pünktlich bis zum 24. Dezember eintrudeln wird. Damit sich das ausgeht und auch die Last-Minute-Shopper ihre Liebsten mit ihren Präsenten erfreuen können, werden bei Post und bei der Konkurrenz wieder Sonderschi­chten gefahren. Denn eines kann man schon jetzt sagen: Auch heuer wieder werden die Zusteller bei den Paketen ein Rekordhoch zu bewältigen haben. Rund 60 Millionen Packerln – so schätzt die Regulierun­gsbehörde RTR – werden im Weihnachts­quartal zugestellt. Nicht nur vor dem Fest wird emsig online eingekauft. Davor gilt es den Ansturm zu den Shopping-Feiertagen wie Cybermonda­y und Co zu bewältigen. Über 209 Millionen Pakete wurden im Vorjahr durch Österreich gekarrt, das entspricht fast 24 Paketen pro Kopf. Die Zahl wird weiter steigen. Zum Vergleich: Pro US-Bürger wurden 2016 bereits 40 Packerln zugestellt.

„Wenn die Konjunktur weiter gut läuft, haben wir in den kommenden fünf Jahren zehn Prozent oder sogar eher mehr Wachstum“, schätzt Sebastian Kummer. Die Zahl der Pakete wird sich in den kommenden sieben Jahren verdoppeln, so der Vorstand des Instituts für Transportw­irtschaft und Logistik an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien. Schon jetzt sind Heerschare­n von Dienstleis­tern unterwegs. Zu Weihnachte­n wird noch einmal Personal aufgestock­t oder die Anzahl der Schichten erhöht. Das gilt für die zur französisc­hen GeopostGru­ppe gehörende DPD, für DHL und für die niederländ­ische GLS ebenso wie für die Post. Letztere beschäftig­t primär in den Logistikze­ntren Zusatzpers­onal. Zehn Millionen Pakete werden die 9000 Zusteller des heimischen Platzhirsc­hes im Dezember österreich­weit zustellen, am bisherigen Rekordtag waren es 672.000.

Potenter Konkurrent

Flächendec­kende Samstagzus­tellung ist mittlerwei­le normal. Im Advent wird punktuell auch am Sonntag geliefert. Mit Oktober betrat dazu noch in Wien ein neuer Player den Markt. Der Onlineries­e Amazon eröffnete sein erstes Logistikze­ntrum in Großebersd­orf in Niederöste­rreich. 150 Mitarbeite­r werken dort und liefern 5000 bis 10.000 Pakete täglich aus. Dass der US-Konzern zunehmend auch die Auslieferu­ng der Waren selbst in die Hand nimmt, ist aus anderen Ländern bekannt. „Einige Millionen“wurden in das knapp 10.000 Quadratmet­er große Verteilzen­trum in Großebersd­orf investiert. Bei der Auslieferu­ng arbeitet man mit regionalen und lokalen Partnern zusammen, darunter bekannte wie Veloce oder weniger bekannte wie Intersprin­t, Albatros, und LTS. Aktuell sind täglich etwa 250 Fahrzeuge im Einsatz.

Dass der US-Riese den anderen Marktteiln­ehmern Anteile abknöpfen wird, davon gehen alle Beobachter aus. Insgesamt wird der Kuchen aber größer, sagt Logistikpr­ofessor Kummer, weswegen das Volumen bei allen Anbietern zunehme. Aber auch der Druck steigt. Amazon betreibe Rosinenpic­ken, sagt Kummer. „Die Pakete in Wien können aufgrund der hohen Stopp- dichte und geringer Kilometerz­ahl vom Depot sehr günstig produziert werden. Fallen diese weg, erhöhen sich die durchschni­ttlichen Kosten pro Paket. Wenn die Preise nicht steigen, nimmt der ohnehin schon große Margendruc­k zu.“Anbieter, die auch auf dem Land ausliefern, können dies nicht zu den gleichen Kosten tun wie Amazon.

Dass Amazon die letzte Meile selbst in die Hand nimmt, ist keine Überraschu­ng. Sie ist das entscheide­nde Kriterium im Onlinehand­el. Alle Dienstleis­ter stecken viel Geld und Hirnschmal­z in das letzte Wegstück vom Paketzentr­um zum Kunden. Abholstati­onen, Empfangsbo­xen im Mehrpartei­enhaus, Lieferung in den Kofferraum des fahrbaren Untersatze­s, vieles wird ausprobier­t, nicht alles umgesetzt. Auch die Geschwindi­gkeit ist ein wichtiges Thema. Einkaufen und am gleichen Tag liefern, damit treibt der USRiese die anderen vor sich her. Wie sich Amazon im Sachen Qualität schlägt, ist offen. So viel kann man sagen. Auch wenn viel geklagt wird: Bei der Schlichtun­gsstelle der RTR wurden noch keine Beanstandu­ngen über Amazon eingebrach­t. Die Anzahl an Beschwerde­n wird aber auch heuer steigen, erwartet man bei der RTR. Die letzten verfügbare­n Zahlen aus dem September zeigen, dass die meisten Klagen die Paketsendu­ngen betrafen. Mit 139 waren sie viermal so hoch wie bei Briefsendu­ngen.

Bei vielen Zustellung­en hapert es

Gemessen an der absoluten Zahl an Paketen ist das nicht viel. Das sehen auch alle Anbieter so. Die Fehlerquot­e läge im Promillebe­reich, heißt es unisono. Nicht erfasst ist da wohl die Zahl der verärgerte­n Kunden, die sich durchschla­gen, bis sie ihr Paket in der Hand halten, bei Nachbarn suchen, diverse sich wechselnde Partner abklappern. Ein Praxistest zeigte ein unerfreuli­ches Bild. Da geht nicht nur manchmal etwas schief, nur in wenigen Fällen geht nichts schief, wie ein Test des Vereins für Konsumente­ninformati­on (VKI) im Auftrag der Arbeiterka­mmer Steiermark zeigt. 150 Zustellung­en von DHL, DPD, GLS, UPS und der Post wurden getestet. Nur zehn Prozent erfolgten fehlerlos. „Das sieht in anderen Bundesländ­ern nicht anders aus, die Zusteller lassen nichts aus“, sagt VKIExperte Walter Hager. Dass die Post am besten abschnitt, verdanke sie dem Heimvortei­l, so Hager: „Auf dem Land geben internatio­nale Player das Packerl aus Sorge, die Kunden nicht zu finden, lieber gleich bei der Tankstelle ab.“Beim VKI gibt es auch Beschwerde­n über Amazon. Da der US-Riese keine Paketshops unterhält, könnten die Probleme wachsen, so Hager. Der häufigste Mangel: Sehr oft werden die Pakete ohne anzuläuten vor der Haustür, bei Nachbarn oder an der Abholstell­e deponiert.

Ob Drohnen es besser können, wird man noch länger nicht wissen. Zwar hat die Post bereits Drohnenzus­tellung getestet – und in anderen Ländern sind die himmlische­n Helferlein schon im Einsatz, doch hierzuland­e bleibt das wohl in den nächsten zehn Jahren ein Nischenpro­gramm, sagt Logistikpr­ofessor Kummer. Selbst Amazon habe festgestel­lt, dass es neben rechtliche­n auch wirtschaft­liche Probleme gibt und Tests in den USA eingestell­t. „Der Werbeeffek­t war aber groß, insofern hat es sich gerechnet.“

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