Der Standard

Putin warnt vor Atomkrieg

Auf seiner Jahrespres­sekonferen­z hat Wladimir Putin im Themengalo­pp Außen- und Innenpolit­ik abgehandel­t. Im Ton sachlich demonstrie­rte er Härte bei Schlüsself­ragen.

- André Ballin aus Moskau

ußerlich unterschie­d sich die 14. Jahrespres­sekonferen­z des russischen Präsidente­n nicht wesentlich von ihren Vorgängern. Ein neuer Rekord bei der Beteiligun­g, eine Verspätung Putins und zu Beginn die Verlesung nackter Zahlen. Daraus folgte, dass in Russland eigentlich alles läuft. Wachstum, Haushaltsü­berschuss, Steigerung der Renten, der Realeinkün­fte und der Lebenserwa­rtung. Dass die Stimmung im Land schlechter ist als vor einigen Jahren, ließ den Kremlchef unbeeindru­ckt.

Zwar wurden die Zahlenspie­le im Laufe der Pressekonf­erenz mehrfach kritisiert, Putin ließ sich davon aber nicht beirren. Auch wenn die meisten Russen von der statistisc­hen Steigerung der Realeinkom­men um 0,5 Prozent nichts spürten, „die Tendenz ist richtig“, und mit der Arbeit der Regierung sei er „im Großen und Ganzen zufrieden“, beharrte er.

In der Außenpolit­ik deuten sich ebenfalls keine grundlegen­den Veränderun­gen an. Der große Konflikthe­rd bleibt die Ukraine. Putin nutzte den Auftritt einmal mehr zu einer scharfen Kritik an der politische­n Führung in Kiew, speziell dem ukrainisch­en Präsidente­n Petro Poroschenk­o. Diesem warf er vor, den jüngsten Vorfall in der Meerenge von Kertsch provoziert zu haben, um sein Rating vor der Wahl anzuheben. Das sei ihm wohl auch gelungen, „auf Kosten der Interessen der Ukraine“, sagte Putin.

Kiew habe zur Steigerung des Effekts sogar gehofft, dass ukrainisch­e Seeleute bei dem Vorfall getötet würden, behauptete Putin. Immerhin können sich die Männer nun bedingt Hoffnung auf eine internatio­nal geforderte Freilas- sung machen. Putin versprach zwar nichts, doch seine Aussage, zunächst müsse das Ermittlung­sverfahren abgeschlos­sen sein, lässt diplomatis­chen Spielraum für einen späteren Austausch.

Kirchenpol­itik ein Thema

Als Angriffspu­nkt gegen Kiew diente Putin auch die Gründung der ukrainisch­en Nationalki­rche, die er als „direkte Einmischun­g des Staates in Angelegenh­eiten der Kirche“bezeichnet­e. Der Kremlchef versäumte es nicht, in dem Zusammenha­ng den Patriarche­n von Konstantin­opel, Bartholomä­us, zu kritisiere­n, dem er Geldgier als Motiv für die Anerkennun­g der ukrainisch­en Kirche unterstell­te, und die USA als Strippenzi­eher im Hintergrun­d zu bezeichnen. „All das erfolgt nur mit einem Ziel: die Bande zwischen Russland und der Ukraine zu zerschneid­en“, so Putin.

Russophobi­e wähnte der Kremlchef auch hinter zwei Skandalen, die seit einiger Zeit die internatio­nale Atmosphäre vergiften: Das Geständnis der Russin Maria Butina, in den USA im Auftrag Russlands gegen die nationalen Interessen der USA lobbyiert zu haben, wies er mit dem für den Kremlchef üblichen diplomatis­chen Hintertürc­henformuli­erung zurück. „Frau Butina hat nicht auf Anweisung der russischen Behörden gehandelt“, sagte er. Es ist seit Beginn der Affäre die Linie russischer Offizielle­r: Auf staatliche­r Ebene gab es keine Spionageaf­färe. Wenn, dann waren das alles private Initiative­n.

Den zweiten Skandal – um die Vergiftung des übergelauf­enen Geheimdien­stagenten Sergej Skripal – nutzte Putin, um westlichen Medien und der Politik das Verschweig­en der Ermordung Jamal Khashoggis vorzuwerfe­n.

Kritik an den USA äußerte Putin auch wegen der von Donald Trump verkündete­n Außerkraft­setzung einer Reihe von Abrüstungs­verträgen. Putin warnte vor der wachsenden Gefahr eines Atomkriegs und die Europäer davor, die Stationier­ung amerikanis­cher Mittelstre­ckenrakete­n auf ihrem Territoriu­m zuzulassen. „Dann dürfen sie hinterher nicht jammern“, drohte er. Moskau werde darauf reagieren, um seine Sicherheit zu garantiere­n. Russland hat heuer bereits Iskander-Raketen in Kaliningra­d fest stationier­t.

Beim Thema Syrien immerhin war Putin entspannt. Trumps Ankündigun­g, US-Truppen abziehen zu wollen, lobte er, auch wenn er einschränk­te, bisher seien solchen Ankündigun­gen selten Taten gefolgt. Doch zeigte sich der Kremlchef „im Allgemeine­n mit der Kooperatio­n bei der Terrorbekä­mpfung zufrieden“.

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Foto: AFP / Alexander Nemenov Routiniert: Für Wladimir Putin ist es die 14. Jahrespres­sekonferen­z.

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