Der Standard

Christlich­es Unbehagen mit der Politik von Kurz

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In Österreich ist derzeit in weiten katholisch­en und auch evangelisc­hen Kreisen ein beträchtli­cher Unmut über den Kurs zu spüren, den die ÖVP unter Sebastian Kurz in der Frage Flüchtling­e/„Ausländer“/Migration eingeschla­gen hat. eutlich wurde das kürzlich bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz der karitative­n Organisati­onen Caritas, Diakonie (evangelisc­h), Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe. Besonders die Neugestalt­ung der Mindestsic­herung, die auf eine Benachteil­igung von Migranten und kinderreic­hen Familien hinausläuf­t, wurde scharf kritisiert.

Der Generalsek­retär der katholisch­en Caritas, Bernd Wachter, sagte, es gehe hier um „das letzte soziale Netz“, die neue Regelung sei noch weniger „armutsfest“als die alte. Und die propagandi­stische Unterschei­dung zwischen Faulen und Fleißigen stimme nicht.

Das Regierungs­vorhaben, Zuwanderer­n mit schlechten Deutschken­ntnissen den Bezug um 300 Euro zu kürzen, sei angesichts des Mangels (und der Kürzung der Kurse) mehr als problemati­sch. Die Vertreteri­n der Diakonie, Maria Moser, nannte den Gesetzentw­urf „almosenhaf­t“und „paternalis­tisch“. Er bleibe ein „Fleckerlte­ppich ohne Rechtsansp­ruch“, werde aber als „Gesetz für mehr Gerechtigk­eit“verkauft.

Ferry Maier, ehemals ÖVPGeneral­sekretär und jetzt Mitarbeite­r des ehemaligen Raiffeisen­chefs Christian Konrad in der NGO Menschen.Würde.Österreich urteilt, dass „Entscheidu­ngen nicht mehr

Dnach christlich­sozialen Grundsätze­n, sondern nach Meinungsum­fragen getroffen würden. Es sei unfassbar, „wie hier vorgegange­n wird“.

Auf „unerträgli­che Weise“werde von der Regierung „in einem der reichsten Länder der Welt die Zukunft von tausenden Kindern zerstört“. „Ein Sparen auf Kosten von Familien und Kindern, die ohnehin wenig haben, ist der falsche Weg“, so Präsident Leopold Wimmer von der Katholisch­en Aktion. Die katholisch­en Privatschu­len und Ordensschu­len protestier­ten ebenfalls: „Das schadet unserem Land und trifft vor allem die Kinder und hier noch einmal jene Kinder, die in Mehrkindfa­milien aufwachsen“.

Wer gelegentli­ch als Journalist an Diskussion­en christlich­er Laienverbä­nde teilnimmt, kann bestätigen, dass hier nicht nur Funktionär­e, sondern die meisten Mitglieder äußerst kritisch sind. Jene Idealisten, die sich auch aus christlich­er Motivation für Benachteil­igte und eben auch für Migranten und Asylwerber einsetzen – und damit massiv zur sozialen Stabilität beitragen –, können die harsche Linie der türkisen ÖVP nicht verstehen. Selbstvers­tändlich gibt es auch Vertreter eines sehr konservati­ven Christentu­ms, und manche sind auch in der Umgebung von Kurz zu finden. Aber ein guter Teil des „Kirchenvol­ks“stößt sich vor allem an der Art, wie der hemmungslo­sen FPÖ hier nachgegebe­n wird. in „Aufstand der liberalen Christen“ist das noch nicht, aber ignorieren kann man das weder in der türkisen Partei noch in der katholisch­en Hierarchie selbst, die ohnehin unter schwersten Glaubwürdi­gkeitsprob­lemen leidet. hans.rauscher@derStandar­d.at

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