Der Standard

Die Donald-Sitter sind weg

Die „Erwachsene­n“, die bisher Trumps schlimmste Instinkte bremsten, gehen

- Manuel Escher

Donald Trump kann nicht mehr länger vor sich selbst geschützt werden, und auch die Welt nicht vor seinen schlimmste­n Instinkten. So muss der Befund lauten, seit US-Verteidigu­ngsministe­r James Mattis Donnerstag­abend seine Mitarbeite­r anwies, seinen doppelseit­igen Rücktritts­brief an US-Präsident Donald Trump 50-fach auszudruck­en und im Pentagon zu verteilen. Darin zu lesen sind höfliche, aber dennoch vergiftete Worte: Mattis stellt seine eigenen Überzeugun­gen jenen Trumps entgegen. Seiner Meinung nach, schreibt der Exgeneral, sei es nötig, sich mit Verbündete­n den autoritäre­n Regierunge­n Chinas und Russlands entgegenzu­stellen. Für den Präsidente­n gilt das offenbar nicht, denn Mattis kommt zum Schluss: „Sie haben das Recht auf einen Verteidigu­ngsministe­r, dessen Ansichten sich besser mit den Ihren decken“.

Mit Mattis’ Abschied, dessen direkter Anlass der US-Abzug aus Syrien ist, verlässt der letzte der sogenannte­n „Erwachsene­n“das US-Kabinett. Gemeint sind damit erfahrene Politiker und Exgeneräle im Dienste Trumps. Von ihnen wurde vermutet, dass sie nicht aus Begeisteru­ng für Trumps Ideen in der Regierung saßen, sondern um im Notfall Trump von Dummheiten abzuhalten. Vor Mattis waren Exgeneral und Stabschef John Kelly, Exgeneral und Sicherheit­sberater H. R. McMaster, Exmanager und Außenminis­ter Rex Tillerson und Exsenator und Justizmini­ster Jeff Sessions gegangen oder gegangen worden. ass sie weg sind, kann man als demokratie­politische­s Plus verbuchen: Denn die Wählerinne­n und Wähler haben sich 2016 nun einmal für Trump entschiede­n und nicht für Minister, die es als ihre Aufgabe sehen, ihn an der Umsetzung seiner Verspreche­n zu hindern. Weltpoliti­sch aber ist es gefährlich. Mattis, der seinen Job vor allem seinem Spitznamen „Mad Dog“und weniger seinen Ansichten verdankte, passte politisch nie zu Trump. Aber glaubt man Berichten, stoppten er und andere „Erwachsene“Pläne zur Ermordung des syrischen Präsidente­n Bashar al-Assad, zur Verzehnfac­hung des Atomwaffen­arsenals und zum abrupten Ende der Handelspar­tnerschaft mit Südkorea.

Übrig bleiben Hardcore-Jasager. Trumps designiert­er Stabschef Mick Mulvaney bezeichnet­e ihn 2016 als

D„furchtbare­n Menschen“, den man trotzdem wählen müsse. Sein designiert­er Justizmini­ster William Barr verdankt seine Nominierun­g dem Verspreche­n, die Tätigkeit von Sonderermi­ttler Robert Mueller zu behindern. Er soll Interimsmi­nister Matthew Whitaker folgen, für den das Gleiche gilt.

Wer nach Mattis kommt, ist noch offen. Vermutlich ist aber bald keiner mehr da, der Trump das sagt, was er nicht hören will. Das alles passiert zu einer schwierige­n Zeit, in der die USWirtscha­ft droht, nach unten zu kippen, und in der sich abzeichnet, dass Trumps Entscheidu­ngen, Truppen aus Syrien und womöglich auch Afghanista­n abzuziehen, Folgen für die Sicherheit Europas, aber auch der Welt haben werden. Gott bewahre, wenn noch etwas Unvorherge­sehenes passiert.

Bei aller Anerkennun­g, die Mattis für seinen Dienst gebühren mag: 50 Briefausdr­ucke mit vagen Andeutunge­n, die nur jene verstehen, die eh wissen, was gemeint ist: Das reicht nicht. Mattis, aber auch die anderen, die Trumps Regierung im Streit den Rücken kehrten, müssten laut und öffentlich sagen, was sie vom Präsidente­n halten – damit nach der Wahl 2020 Erwachsene ins Weiße Haus einziehen.

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