Der Standard

Kosmetik an der Schule

- Michael Völker

Es war ein geschickte­r Schachzug des schwarzen Bildungsmi­nisters, die rote Kritikerin an seine Seite zu holen: Die Lehrerin Susanne Wiesinger, die in ihrem Buch Kulturkamp­f im Klassenzim­mer Missstände in den Schulen aufgezeigt und damit auch eine breite Debatte über den Einfluss des Islam ausgelöst hat, wird Ombudsfrau für „Wertefrage­n und Kulturkonf­likte“.

Wiesinger beklagt, dass die Linken, zu denen sie sich zählt, die Debatte über Gewalt und Respektlos­igkeit an Schulen, den Einfluss des Islam und seine missbräuch­liche Interpreta­tion den Rechten überlassen, die ihr politische­s Geschäft damit verrichten. Mit dieser Analyse hat Wiesinger recht. Wie zur Bestätigun­g wurde sie selbst zum Feindbild der Linken, wo sie als Verräterin gilt. Die Wiener SPÖ grenzte sie lieber aus, als sie einzubinde­n.

Jetzt muss Wiesinger allerdings aufpassen, vom schwarzen Bildungsmi­nisterium nicht instrument­alisiert zu werden. Keine Frage, es ist sinnvoll, eine solche Ombudsstel­le einzuricht­en und den Lehrern eine Anlaufstel­le anzubieten. Aber es ist lächerlich zu glauben, dass eine einzige solche Ombudsstel­le für ganz Österreich irgendetwa­s bewirken kann. Das ist bloß Kosmetik. Was es braucht, sind endlich mehr Lehrer, mehr Sozialarbe­iter und Psychologe­n, die sich mit den Kindern beschäftig­en. Eine Stelle, bei der man sich beschweren kann, verschafft den Betroffene­n zwar Luft, schafft die Missstände aber nicht aus der Welt.

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