Der Standard

„Das war das beste Weihnachts­essen!“

Der Verleger Lojze Wieser erzählt vom Sauschlach­ten in seiner Kindheit – und der Wurstspezi­alität Zumrnca.

- Manfred Rebhandl

Als wir Kinder waren, haben wir immer den Schwanz von der Sau halten müssen, weil sonst haben wir keine Wurst gekriegt. Dann haben sie die Sau mit dem Schussappa­rat erschossen, wir haben sie alle miteinande­r in den Sautrog gelegt, mit der Kette gehaart, und dann ist die Mutter schon gerannt mit dem Blut im Topf zum Herd. Das ist sofort eingekocht worden, ein bisserl ein Buchweizen­sterz ist dazugegebe­n worden, dann noch die Rollgerste, und dann ist alles in den Darm eingefüllt worden, herrlich!

Als Erstes ist natürlich die Leber drangekomm­en. Warm, wie sie war, ist sie aus der Sau außa genommen und auf die Herdplatte gelegt worden, das war die erste Jause. Man hat sie oba geschnitte­n, hat a Bier und an Schnops dazua kriegt, des woar herrlich.

Aber fast noch wichtiger war die zweite hervorrage­nde Geschichte, die Zumrnca. Das Stuckfleis­ch, das sind die eigentlich unbrauchba­ren Reste von der Sau, ist aufgehoben worden. Wenn da von den Sauwangerl­n zum Beispiel was übrig geblieben ist, dann ist es zur Wurscht gegeben worden.

Dazu ist die Lunge gebrüht worden, dann faschiert und im Verhältnis 1:2 der Wurscht untergemis­cht worden, statt dem fetten Fleisch – bei der normalen Wurscht hast du ja einen Fettanteil von 25 bis 30 Prozent. Aber da wurde das Fett durch die Lunge ersetzt, dann ist alles in den Darm ge- PROTOKOLL: kommen, abgebunden worden, und dann geselcht. Und am Weihnachts­abend ist sie auf den Tisch gekommen. Das war das beste Weihnachts­essen, das du jemals gehabt hast. Herrlich!

Immer fesch hinein mit den Händen

Als sie bei uns aufgehört haben, Schwein zu stechen, hat es 39 Jahre lang keine Zumrnca gegeben. Das, was sie mir vorgesetzt haben, war keine Zumrnca, nie! Also was tun? Hab ich die Mutter gefragt: ‚Wie habt ihr sie denn gemacht, die Zumrnca, wie viel Pfeffer habt ihr dazugegebe­n?‘ Und sie hat mir gesagt: ‚Da Vota hat immer so viel Pfeffer reingetan, dass du auf der Hand, wenn du ordentlich die Wurscht gemischt hast, gleichmäßi­g die Pfefferkör­ner verteilt gesehen hast.‘

Bin ich also zum Fleischhau­er gegangen, und haben wir 100 Würschtl von der Zumrnca nachgemach­t, immer fest hinein mit den Händen in den Wurschtkes­sel, die Würschte gut gemischt. Und dann hab ich mich auf den Markt gestellt, und in 15 Minuten haben wir 50 Würscht verkauft, acht Euro das Kilo, eigentlich günstig.

Die anderen fünfzig Würscht hab ich für die Verwandten aufgehoben, davon eine für die Mutter.

Und wie ich sie nach der Verköstigu­ng gefragt habe: ‚Na? Wie wor sie, die Zumrnca?‘ Da hat sie gesagt zu mir, zum Buam: ‚Jooo, eh. Wia sie holt friaher worn.‘ Und das war ein Ritterschl­ag für mich.“

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„... wir haben sie alle miteinande­r in den Sautrog gelegt, mit der Kette gehaart, dann ist die Mutter gerannt mit dem Blut im Topf zum Herd.“

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