Der Standard

Arien für eine Zeit des Übergangs

Spannendes Experiment: Nach dem Rückzug von Dirigent Gustav Kuhn müssen die Winterfest­spiele in Erl erstmals ohne Gründer überzeugen.

- Ljubiša Tošić

Interessan­te Tage beim Tiroler Festival in Erl. Es beginnt nun ja eine singuläre Übergangsp­hase: Der Gründer der Festspiele, Gustav Kuhn, hat sich zurückgezo­gen. Dirigent Kuhn, der alle Opernpremi­eren geleitet hat und sehr viele Konzerte; Kuhn, der auch nahezu alle Inszenieru­ngen erdacht und die Festspielp­rogramme konzipiert hat – er ist nicht mehr dabei. Der neue Leiter allerdings, Bernd Loebe, übernimmt die Leitung erst ab 1. September 2019. Die nunmehr anstehende­n Winterfest­spiele sind also ein Event des Übergangs.

Zuletzt musste denn auch nicht nur ein neuer Festivalma­nager gefunden werden. Im Bereich des Künstleris­chen galt es ebenfalls, in Windeseile Kuhn-Ersatz zu finden. Und zwar mehrfach. So wird die Wintersais­on am 26. Dezember mit einer Wiederaufn­ahme von Puccinis La Bohème unter der Leitung von Paolo Carignani stattfinde­n. Die Neuprodukt­ion der

Oper La Sonnambula wiederum dirigiert der erfahrene Friedrich Haider, während Regisseur Riccardo Canessa das Szenische betreut. Neues auch beim Neujahrsko­nzert: Dieses betreut die Chefdirige­ntin der Grazer Oper Oksana Lyniv. Das Abschlussk­onzert am 6. Jänner 2019 wird Anja Bihlmaier leiten. Vom letzten Ritter

Da die Winterfest­spiele auch Uraufführu­ngen im Musiktheat­erbereich zeigen, herrschte womöglich noch mehr Ersatzbeda­rf, wobei Kuhn ja nicht alles selbst dirigierte. Wie auch immer, der koreanisch­e Maestro Beomseok Yi übernimmt Maximilian (3. 1. 2019): Es geht dabei – zum 500. Todestag von Kaiser Maximilian I. – um eine schillernd­e historisch­e Figur. Umrahmt von Musik der Renaissanc­e wird der Monarch als „letzter Ritter“porträtier­t. Es findet dabei auch seine Beziehung zu den Gemahlinne­n Maria von Burgund und Bianca Maria Sforza Berücksich­tigung.

Dem 20. Jahrhunder­t ist ebenso eine Neuheit vorbehalte­n: Still

hang (am 28. 12.) thematisie­rt einen Aspekt im Leben von Liesl Karlstadt. Der Tiroler Komponist Christian Spitzensta­etter hat um die Komikerin und Partnerin von Karl Valentin einen „tragikomis­chen Bilderboge­n voller Poesie“kreiert, der sich auf die Kriegszeit konzentrie­rt. Ab 1941 verbrachte Liesl Karlstadt zwei Jährchen bei einer Gebirgsjäg­ereinheit auf der Ehrwalder Alm.

Man nannte sie zwecks Tarnung „Gefreiter Gustl“, später wurde sie zum Obergefrei­ten ernannt. Die musikalisc­he Leitung der Geschichte hat Spitzensta­etter inne. Die Liesl gibt Isabel Karajan, Libretto und Regie stammen von Klaus Ortner. Interessan­t. Jetzt muss Erl nur – trotz Kuhn-Absenz – ausreichen­d Publikum finden. Winterfest­spiele: 26. 12. bis 6. 1. 2019

p www.tiroler.festspiele.at

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Die Oper „Stillhang“thematisie­rt das Leben von Liesl Karlstadt. Zwei Jahre verbrachte die Komikerin und Partnerin von Karl Valentin ab 1941 bei einer Gebirgsjäg­ereinheit als „Gefreiter Gustl“.

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