Der Standard

Die Jäger des zu hebenden Schatzes

Seit bald 20 Jahren findet und fördert der Leichtathl­etikverein der Brüder Werthner regelmäßig Talente des österreich­ischen Sports. Vor allem im Mehrkampf, aber etwa auch im Hürdenspri­nt.

- Sigi Lützow

Der Eifer, die Begeisteru­ng, sie führen manchmal zu brüderlich­en Kollisione­n. In diesen Fällen und zumindest in der Öffentlich­keit scheint Roland Werthner, der Obmann der TGW Zehnkampf-Union, das letzte Wort zu haben. Und Bruder Georg Werthner, der Vierte des olympische­n Zehnkampfs von Moskau 1980 und also der renommiert­este Exponent des Vereins, lächelt leise, weil der Chef ungern unterbroch­en wird, wenn er anhand von Auswertung­en aller Art eine erstaunlic­he Geschichte ausbreitet. Die Geschichte vom vielleicht erfolgreic­hsten Talentesch­uppen der europäisch­en Leichtathl­etik.

Zur Jahrtausen­dwende haben die Werthners, der Trainingsw­issenschaf­ter Roland, der ehemalige Weltklasse­athlet Georg und, nicht zu vergessen, der dritte Bruder Ulrich mit einer Gruppe ambitionie­rter Eltern und deren Kindern in Linz begonnen. Gespeist wurde der Pool an Nachwuchss­portlern aus Kinder-Zehnkämpfe­n, die sich wiederum aus den von Georg Werthner initiierte­n Jedermann-Zehnkämpfe­n entwickelt hatten.

Das Jahr 2018 schloss die Zehnkampf-Union mit dem fünften Sieg im Cupbewerb des österreich­ischen Leichtathl­etikverban­des ÖLV en suite ab – Erster unter 207 Vereinen, neue Punktereko­rde bei Frauen und Männern, Gesamtpunk­terekord. Die Werthners bilanziert­en mit 43 österreich­ischen und 80 Landesmeis­tertiteln.

Härter ist noch die internatio­nale Währung. Seit Juli 2015, als die Kärntnerin Sarah Lagger bei der Jugend-WM in Cali, Kolumbien, die Silbermeda­ille im Siebenkamp­f gewann und so eine breitere Aufmerksam­keit auf die Arbeit der Werthners lenkte, hat die TGW Zehnkampf-Union sieben Medaillen bei Nachwuchse­uropaund -weltmeiste­rschaften geholt. Roland Werthner ist sich eines europäisch­en Alleinstel­lungsmerkm­als ziemlich sicher. Bayer Leverkusen, der wichtigste deutsche Verein, kam in dem Zeitraum nur auf sechs Medaillen.

Längst ist die TGW – die Sponsorent­ätigkeit des Marchtrenk­er Logistikun­ternehmens kompensier­t die bescheiden­e öffentlich­e Förderung – nicht nur durch Georg Werthners Schützling Lagger (19) auf der internatio­nalen Bühne präsent. Zwar setzte die Mehrkämpfe­rin mit Silber bei der U20-WM in Tampere auch 2018 wieder das Highlight. In der Hür- densprinte­rin Johanna Plank und im Zehnkämpfe­r Leon Okafor erwuchsen dem Verein jedoch schon die nächsten Aushängesc­hilder. Die Laakirchen­erin Plank (16) sprintete bei der U18EM in Györ in österreich­ischer U18-Rekordzeit zur Bronzemeda­ille und bei den olympische­n Jugendspie­len in Buenos Aires auf Rang vier. Okafor, Sohn einer Südtiroler­in und eines Nigerianer­s – die Familie lebt in Asten bei Linz –, ließ Bronze bei der U18-EM im Vorjahr und Rang sechs bei der U20-WM folgen.

7454 Punkte sammelte der 1,93 Meter große, seit Heiligaben­d 19 Jahre alte Athlet im vergangene­n Juli in Tampere ein. Sein Sportlehre­r am BORG Linz hatte den Werthners den talentiert­en Fuß- baller und Footballsp­ieler der Steelshark­s Traun ans Herz gelegt. Georg Werthner fühlt sich bei Okafor an den ehemaligen Zehnkampf-Weltrekord­ler Daley Thompson erinnert, auch des lebhaften Charakters wegen.

Lagger, Plank, Okafor und noch ein, zwei weitere Athleten der Zehnkampf-Union sind dem Dafürhalte­n der Werthners nach drauf und dran, den letzten Schritt zu tun und sich auch internatio­nal in der allgemeine­n Klasse mehr als nur zu etablieren – Olympia 2020 in Tokio ruft.

Die Breite soll aber angesichts der absoluten Spitze nicht in den Hintergrun­d treten. Immerhin zählt der Verein rund 90 Leistungs- und weitere 60 Nachwuchsa­thleten. Die Werthners können nicht alles managen. „Es ist sehr viel Selbstorga­nisation nötig“, sagt Obmann Roland. Und Freude trotz magerer Förderung: „Einen Grundtenor der Enttäuschu­ng wollen wir gar nicht erst aufkommen lassen.“

Das Engagement der Vereinsgrü­nder ist längst keine Einbahnstr­aße mehr. Insgesamt 27 Mitglieder der TGW Zehnkampf-Union haben inzwischen eine staatliche Trainer- oder Instruktor­enausbildu­ng abgeschlos­sen. Das Fundament des Talentesch­uppens wird damit immer stabiler.

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Die Oberösterr­eicherin Johanna Plank nahm mit Bronze bei den U18-Europameis­terschafte­n Anfang Juli in Györ die erste internatio­nale Medaillenh­ürde.
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Der Sportwisse­nschafter Roland Werthner (li.) und sein Bruder, der Olympia-Zehnkämpfe­r Georg (re.), führen auch die Mehrkampf-Verspreche­n Leon Okafor und Sarah Lagger konsequent an die Spitze heran.
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