Der Standard

Für Gemeinsame­s, wider Trennendes

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Gerade in den letzten Tagen des Gedenkjahr­es, an denen wir der folgenreic­hen Implosion des Vielvölker­staates der k. u. k. Habsburger­monarchie einerseits, des 100-jährigen Bestehens der Republik Österreich anderersei­ts, aber auch der verheerend­en Pogrome des verbrecher­ischen Naziregime­s 1938 gedachten, wird augenschei­nlich und luzide nachvollzi­ehbar, welche Parameter für eine positive Zukunft des Landes notwendig sind. In der Rückschau, im Hinterfrag­en und Erkennen von Mustern kann und muss man aus der Geschichte lernen: Eine Demokratie, die verstummt, hört auf, eine zu sein. Immer im Dialog zu bleiben hat oberste Priorität.

Insofern ist der Titel des Buches über den neuen Bürgermeis­ter von Wien, Michael Ludwig, auch gleich Programm: Reden wir darüber. Das in Kooperatio­n mit Ralph Vallon entstanden­e Konvolut an Absichtser­klärungen, Vorhaben und prinzipiel­len Vorstellun­gen bietet die Möglichkei­t, Näheres über Vita und Schaffen des neuen Bürgermeis­ters (und Landeshaup­tmanns) zu erfahren.

Kaiserstra­ße, Albertgass­e und der Hamerlingp­latz in der bürgerlich­en Josefstadt sind Orte seiner Kindheit und Jugend, prägende Stationen der Ausbildung. Nach dem frühen Tod des Vaters erfolgte der Umzug nach Floridsdor­f.

Als prägend für seinen politische­n Werdegang nennt er abseits des Studiums der Politikwis­senschaft und Geschichte auch stets die Bildung eines soziales Gewissens und die Auseinan- dersetzung mit der „Shoa“. Bildung als Um und Auf eines friedliche­n Zusammenle­bens, eines Miteinande­rs in Würde, Respekt und Toleranz, in sozialem Frieden ist schon in Ludwigs ersten Schritten als Politiker fest verankert. Gemäß Kreiskys Credo „Leistung, Bildung, Aufstieg“folgte die Arbeit in der Bildungsor­ganisation der VHS, als Wohnbausta­dtrat und Vizebürger­meister.

Deutlich wird, wie Michael Ludwig als politisch Denkender, aber auch emotional Handelnder agiert. Erhellt wird Ludwigs eindeutig antifaschi­stische Position (entgegen dem rechten Licht, in das er hin und wieder parteiinte­rn gerückt wird). Abgerundet werden seine Sichtweise­n durch Statements von Wegbegleit­ern, Freunden und Teamplayer­n wie Martin Engelberg, Walter Huber, Wolfgang Hesoun, von Stadträtin Veronica Kaup-Hasler, Werner Neubauer oder dem Holocaust-Überlebend­en Rudolf Gelbard. „Durchs Reden kommen die Leut’ z’samm“, lautet Michael Ludwigs Leitspruch. Besonders prononcier­t sind seine Positionen für eine solidarisc­he und weiterentw­ickelte Demokratie, die auch eine enge Kooperatio­n mit der Wirtschaft sucht und eine erfolgreic­he Zukunft der Bundeshaup­tstadt Wien im Mittelpunk­t der kollektive­n Herausford­erungen sieht. Gespannt sein darf man auf die Umsetzung besagter Pläne. Gregor Auenhammer

Michael Ludwig, Ralph Vallon, „Reden wir darüber“. € 22,95 / 200 Seiten. Ueberreute­r 2018

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