Der Standard

KOPF DES TAGES

Junger Mann sucht das Abenteuer

- Martin Schauhuber

Nach dem Uni-Abschluss wollte Colin O’Brady ein Abenteuer erleben. Er packte Rucksack und Surfbrett und landete nach drei Monaten auf einem Strand in Thailand. Die dortige Mutprobe des in Kerosin getränkten, brennenden Sprungseil­s und sein Leichtsinn wurden ihm zum Verhängnis. „Was habe ich getan?“, fragte sich der damals 22-Jährige im Spital, die schwer verbrannte­n Beine einbandagi­ert.

„Ich wollte einfach nur aufgeben“, sagt O’Brady . Bis Mama kam. Sie habe ihn dazu gebracht, wieder über die Zukunft nachzudenk­en. Die Ärzte warnten den US-Amerikaner, er könne vielleicht nie wieder normal gehen. O’Brady nahm sich vor, einen Triathlon zu schaffen. Mama war stolz.

Schritt für Schritt erarbeitet­e sich O’Brady das Gehen, Laufen, Schwimmen – und lief nach 18 Monaten als Schnellste­r unter tausenden Teilnehmer­n seiner Kategorie über die Ziellinie des Chicago-Triathlons. „Ich habe gelernt, dass uns das Leben mit Rückschläg­en testet“, sagt der mittlerwei­le 33-Jährige.

Der schon in seiner Jugend in Portland als Sportskano­ne bekannte O’Brady wurde profession­eller Triathlet und nahm an über 50 Bewerben teil. Gegen Ende seiner Triathlonk­arriere entdeckte er das Bergsteige­n für sich, 2014 machte er seiner Lebensgefä­hrtin Jenna Besaw auf dem Gipfel des ecuadorian­ischen Cayambe einen Heiratsant­rag.

Auf 5790 Metern Seehöhe setzten sich die Frischverl­obten das nächste Ziel: O’Brady sollte den Explorer’s Grand Slam, also das Besteigen der höchsten Gipfel auf jedem Kontinent sowie eine Expedition zu beiden Polen, in Rekordzeit schaffen.

Besaw managte das Drumherum, O’Brady kletterte und lief. Gemeinsam bemühten sie sich auch um Aufmerksam­keit für den Kampf gegen Übergewich­t bei Kindern. Als er am Everest zu scheitern drohte, redete ihm die Verlobte am Telefon gut zu und brachte ihn zum Weitermach­en. O’Brady schaffte den Grand Slam in 139 Tagen – Rekord. Jenna war stolz.

Doch damit war es der Abenteuer nicht genug. Also durchquert­e der USAmerikan­er die Antarktis als erster Mensch alleine ohne Hilfsmitte­l. Am Donnerstag beendete er die LanglaufEx­pedition nach 54 Tagen. Meistens lief er zwölf Stunden pro Tag, die letzten 125 der insgesamt 1482 Kilometer aber als 32-Stunden-Stück. Freilich mit Erlaubnis von Mama Eileen und Frau Jenna: Die zwei segneten den finalen Kraftakt am Funkgerät ab.

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Foto: O’Brady/Wikimedia Colin O’Brady durchquert­e als Erster allein und ohne Hilfsmitte­l die Antarktis.

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