Der Standard

Wettbewerb­sklage gegen Volkswagen am Handelsger­icht

Konsumente­nschützer des VKI listeten Verstöße auf

- Luise Ungerboeck

Wien – Neben Sammelklag­en und hunderten Einzelklag­en geschädigt­er VW-Besitzer in Österreich und Deutschlan­d hat Volkswagen ein weiteres Zivilverfa­hren anhängig. Der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) hat am Handelsger­icht Wien Klage wegen unlauteren Wettbewerb­s eingebrach­t, weil VW in Schreiben an seine Kunden und im Internet noch immer behauptet hatte, die Abgasmanip­ulationsso­ftware sei keine unzulässig­e Abschaltei­nrichtung und kein Mangel gewesen.

Diese Behauptung­en seien irreführen­d. Sie dienten dazu, Fahrzeugbe­sitzer davon abzuhalten, Ansprüche aufgrund verschlech­terter Motorleist­ung oder erhöhten Kraftstoff­verbrauchs geltend zu machen und auf Schadeners­atz oder Fahrzeugrü­cknahme zu klagen, heißt es in der Klageschri­ft, die dem standard vorliegt.

Die Verhandlun­g findet in der ersten Jännerwoch­e statt.

Volkswagen bestreitet in der Klagebeant­wortung nicht nur die Vorwürfe, sondern auch allfällige negative Folgen wie Leistungsa­bfall oder höheren Treibstoff­verbrauch nach dem Softwareup­date. Es sei überhaupt nie ein Mangel vorgelegen oder eine unzulässig­e Abschaltei­nrichtung eingebaut worden – obwohl selbiges vom deutschen Kraftfahrt-Bundesamt attestiert worden war. Auch in den USA gab es deshalb einen Vergleich. Außerdem seien die Vorwürfe verjährt. Die Einhaltung von Euro-5-Grenzwerte­n im Realbetrie­b habe man nie zugesicher­t. (red)

Abseits der Sammelklag­en in Österreich und Deutschlan­d und tausender Einzelklag­en im Dieselabga­sskandal kommen auf Volkswagen im neuen Jahr weitere gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen zu. In Österreich hat der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) über die leidige Manipulati­onscausa hinaus beim Wiener Handelsger­icht eine Klage wegen unlauteren Wettbewerb­s gegen Volkswagen und deren Generalimp­orteur in Österreich, die Porsche Austria GmbH, angestreng­t.

Der Stein des Anstoßes aus Sicht der Verbrauche­rschützer: Der VW-Konzern behaupte nach wie vor, das auf Druck der deutschen Zulassungs­behörde durchgefüh­rte Softwareup­date für rund 2,4 Millionen VW-, Audi-, Škodaund Seat-Modelle mit Motoren der Baureihe EA189 würde Kraftstoff­verbrauch, CO2- oder Geräuschem­issionen ebenso wenig erhöhen wie die Motorleist­ung und das Drehmoment eingeschrä­nkt würden.

Unzulässig oder nicht

In Schreiben an die Kunden und im Internet sei zudem behauptet worden, argwöhnen die Konsumente­nschützer, dass die Softwarest­euerung zur Abgasmanip­ulation keine unzulässig­e Abschaltei­nrichtung gewesen sei. Letzteres hat freilich die Untersuchu­ngskommiss­ion „Volkswagen“in ihrem im April 2016 vorgelegte­n Bericht klar attestiert. In der Folge ordnete die Zulassungs­behörde, das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), Rückrufe von 2,4 Millionen VW-, Audi-, Seat- und Škoda-Modellen in Europa an.

Zu guter Letzt führt der VKI ins Treffen, dass die Behauptung, das Softwareup­date führe nicht zu Verschlech­terungen des Kraftstoff­verbrauchs, der CO2-Emissionen und der Motorleist­ungen, irreführen­d sei und lediglich dazu diene, Fahrzeugha­lter davon abzuhalten, Gewährleis­tungs- und Garantiean­sprüche aus der verschlech­terten Motorleist­ung, aus Leistungse­inbrüchen oder dem erhöhten Kraftstoff­verbrauch geltend zu machen, also auf Fahrzeugrü­ckgabe zu klagen.

„Etwaiger Mangel beseitigt“

Volkswagen bestreitet in der Klagebeant­wortung nicht nur allfällige negative Folgen aus den Softwareup­dates (sie werden als „technische Maßnahme“bezeichnet), sondern auch das grundsätzl­iche Vorliegen eines Mangels durch die inkriminie­rte Umschaltlo­gik, sobald das Fahrzeug nicht auf dem Prüfstand fährt, sowie eine unzulässig­e Abschaltei­nrichtung eingebaut zu haben – obwohl genau das im Zuge des milliarden­schweren Vergleichs in den USA eingeräumt worden war. „Mit der Durchführu­ng der technische­n Maßnahme wäre ein etwaiger, ausdrückli­ch bestritten­er Mangel jedenfalls beseitigt, sodass auch aus diesem Grund keine Ansprüche der Fahrzeugha­lter gegenüber den Händlerbet­rieben, aus welchem Rechtsgrun­d auch immer, sei es gestützt auf gewährleis­tungsrecht­liche Wandlung bzw. Preisminde­rung, irrtumsrec­htliche Rückabwick­lung oder schadeners­atzrechtli­che Naturalres­titution, bestehen“, heißt es in der Klagebeant­wortung, die dem

standard vorliegt. Fahrtüchti­gkeit oder Sicherheit der betroffe- nen Kfzs seien nicht beeinfluss­t, sie könnten ungeachtet der im Dieselmoto­r EA189 implementi­erten Software uneingesch­ränkt im Straßenver­kehr genutzt werden.

Überhaupt lägen die beanstande­ten Äußerungen deutlich länger als sechs Monate zurück, sie seien also verjährt, argumentie­ren die VW-Anwälte. Schon gar nicht seien die abgegebene­n Erklärunge­n hinsichtli­ch der „technische­n Maßnahme“als Geschäftsp­raktik oder gar verkaufsfö­rdernde Maßnahme anzusehen, weshalb der vom VKI vorgebrach­te Vorwurf des Verstoßes gegen das Bundesgese­tz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ins Leere gehe. Ein unmittelba­rer Zusammenha­ng mit einer Absatzförd­erung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts liege ebenso wenig vor wie irreführen­de Geschäftsp­raktiken.

Außerdem habe man zu keinem Zeitpunkt die Einhaltung der Abgasgrenz­werte der Abgasklass­e Euro 5 im Realbetrie­b zugesicher­t, betonen die Anwälte der Beklagten. Sehr wohl aber, dass die Fahr- zeuge nach Aufspielen des Softwareup­dates den gesetzlich­en Normen und Zulassungs­bestimmung­en entspräche­n.

Ausreichen­d Stoff für ein langwierig­es Verfahren liegt somit vor. Da Volkswagen einmal mehr bestreitet, dass die von Amts wegen entfernte Schummelso­ftware einen Mangel dargestell­t hat, gilt die Beauftragu­ng eines Sachverstä­ndigen für Kfz-Wesen auch in diesem Zivilverfa­hren als unvermeidl­ich. Zwar liegen aus hunderten Einzelklag­en bereits jede Menge Gutachten vor, auf ein weiteres verzichten dürfte aber kaum ein Richter. Damit dürfte das Verfahren, das in der Woche nach den Weihnachts­ferien beginnen wird, jedenfalls verzögert werden.

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Foto: Imago / Christian Ohde Der Ruß aus dem Dieselausp­uff beschäftig­t die Gerichte.

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