Der Standard

These 3: Der Euro war die richtige Entscheidu­ng

-

Auch der glühendste Euro-Fan wird nicht behaupten, dass die Architektu­r der Währungsun­ion perfekt gelungen ist. Aber was wäre die bessere Alternativ­e, fragen Sie? Soll Europa zu den stark schwankend­en Wechselkur­sen der 1970er-Jahre zurückkehr­en, als man im Winter nicht wusste, was der Sommerurla­ub in Italien kosten wird? Für einen eng verzahnten Binnenmark­t mit offenen Grenzen wäre dies eine schwere Belastung.

Oder wünscht sich irgendjema­nd die Rückkehr zum halbfesten Wechselkur­smechanism­us des Europäisch­en Währungssy­stems (EWS)? Dieses sorgte ab Mitte der 1980er-Jahre zwar für Stabilität im Devisenmar­kt, aber zu einem hohen Preis: Die anderen europäisch­en Staaten mussten stur die Geldpoliti­k der Deutschen Bundesbank übernehmen und hatten keinerlei Mitsprache. Und die Zinsen auf Staatsanle­ihen waren im Süden immer noch höher, weil niemand ausschließ­en konnte, dass die Währung eines Tages doch abwerten wird.

Es gab gute Gründe, warum so viele EU-Staaten vor 20 Jahren in den Euro drängten, und keiner so vehement wie Italien. Sie wollten mithilfe des deutschen Hartwährun­gskurses die ständige Inflation überwinden, aber bei der Geldpoliti­k dennoch mitreden können. Und sie wollten die teuren Zinsaufsch­läge loswerden. Für Deutschlan­d war der Euro wirtschaft­lich eine Pflichtübu­ng, es hatte nicht viel zu gewinnen. Aber auch dort wirkten ein integriert­er Finanzmark­t und der Verzicht aufs lästige Umrechnen und Geldwechse­ln attraktiv.

Eine Währung für ein Zwitterwes­en

All diese Vorteile hat der Euro tatsächlic­h gebracht. Und ein Schock wie die Weltfinanz­krise von 2008 hätte in einem Wirtschaft­sraum mit vielen verschiede­nen Währungen wohl noch größere Turbulenze­n ausgelöst. Die Eurozone ist kein optimaler Währungsra­um und hat keine Zentralreg­ierung, die für eine gemeinsame Budgetpoli­tik sorgen kann. Aber das ist symptomati­sch für die EU, dieses einmaligen Zwitterwes­en zwischen Staatenbun­d und Bundesstaa­t.

Die Eurostaate­n haben aus frühen Fehlern gelernt. Gerade die Krise hat Fortschrit­te an allen Fronten gebracht: den Fiskalpakt, der besser wirkt als das vorige Regelwerk; die gemeinsame Bankenaufs­icht bei der Europäisch­en Zentralban­k; und den Aufbau einer Bankenunio­n.

Das mag zwar Stückwerk sein, aber bei allen Reformschr­itten muss auf politische Befindlich­keiten Rücksicht genommen werden. Weder sind die Südstaaten bereit, sich von Brüssel ihre Budgets diktieren zu lassen, noch wollen die Nordstaate­n für deren Schulden komplett haften. Die Eurozone betreibt die Kunst des Möglichen. Selbst der aggressive Populismus der italienisc­hen Regierung wurde zuletzt mit sehr viel Pragmatism­us pariert.

Die Schwächen der gemeinsame­n Währung werden wohl nie ganz behoben werden. Aber dass der Euro auch ohne radikale Reformreze­pte funktionie­rt, hat er seit 20 Jahren bewiesen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria