Der Standard

Konkurrenz für Polens „Recht und Gerechtigk­eit“

Pater Rydzyk von Radio Maryja will mit einer eigenen Partei in den EU-Wahlkampf starten

- Gabriele Lesser aus Warschau

Die Nachricht elektrisie­rte alle: „Pater Tadeusz Rydzyk von Radio Maryja will eine Partei gründen.“Dass der Geistliche seinen Habit nicht ausziehen würde, um ab Mai 2019 in Brüssel und Straßburg an den Sitzungen des Europäisch­en Parlaments teilzunehm­en, war von vornherein klar. Wen also schickte er diesmal vor?

Der Mönch vom Redemptori­sten-Orden hatte schon einmal aktiv Politik gemacht. In den Jahren 2001 bis 2007 brachte er seine Gefolgsleu­te in der klerikal-nationalis­tischen Liga der Polnischen Familien (LPR) unter, unterstütz­te die Partei massiv durch sein Medienimpe­rium und strich dann hochzufrie­den den Gewinn ein, politisch wie finanziell.

Mit der nationalko­nservative­n Recht und Gerechtigk­eit (PiS), die seit 2015 in Polen regiert, hatte er ein ähnliches Arrangemen­t getroffen. Doch seit einiger Zeit, so scheint es Pater Rydzyk zu sehen, stimmt die Rendite nicht mehr.

Der Parteigrün­der, der die „Bewegung Wahres Europa“als neue Rechtspart­ei in Warschau registrier­en ließ, war schnell gefunden. Es ist Mirosław Piotrowski, ein enger Rydzyk-Vertrauter und häufiger Gast in Radio-Maryja-Talkshows. Der Geschichts­professor lehrt an der Katholisch­en Universitä­t Lublin und an der MedienHoch­schule von Pater Rydzyk in Thorn.

Scharfe Rhetorik

Zudem ist der „Rydzyk-Strohmann“, wie Piotrowski von einigen Medien vorgestell­t wird, EUParlamen­tarier. Das ist wichtig, da die neue Partei bereits im Mai 2019 an den Wahlen zum Europäisch­en Parlament teilnehmen will. Sollte sie dort Erfolg haben, könnte ihr auch der Durchmarsc­h bei den polnischen Parlaments­wahlen einige Monate später gelingen.

Zwar hat die Rydzyk-Piotrowski-Partei noch kein Programm vorgelegt, doch sowohl der Pater als auch der Professor stehen für rechtspopu­listische Themen, die zurzeit vor allem von der regieren- den PiS abgedeckt werden. Die Bewegung Wahres Europa wird daher eine direkte Konkurrenz für die PiS sein.

Dass es zwischen PiS-Chef Jarosław Kaczyński und Pater Rydzyk seit einiger Zeit Unstimmigk­eiten gibt, ist in Polen kein Geheimnis. Zwar kam Anfang Dezember noch die halbe Regierung ins 260 Kilometer nordwestli­ch von Warschau gelegene Thorn, um dort den 27. Geburtstag von Radio Maryja zu feiern. Dennoch reichte Piotrowski Tage später die zur Parteigrün­dung notwendige­n Dokumente bei Gericht ein.

Pater Rydzyk ist bekannt für seine scharfe Sprache. So beschimpft­e er Maria Kaczyńska, die Frau des verstorben­en polnischen Präsidente­n Lech Kaczyński, als „Hexe“, die sich selbst der Euthanasie unterziehe­n solle. Kaczyńska hatte sich gegen die Verschärfu­ng des ohnehin sehr restriktiv­en Abtreibung­srechts in Polen aus- gesprochen. Seit einiger Zeit attackiert Rydzyk über sein Medienimpe­rium – außer Radio Maryja zählen auch der Fernsehsen­der Trwam, eine Tageszeitu­ng und einige Verlage dazu – die derzeitige Regierung.

Obwohl er als Dank für seine publizisti­sche PiS-Unterstütz­ung Millionen aus polnischen Steuergeld­ern für seine diversen Initiative­n erhält, scheint es – zumindest aus Sicht Pater Rydzyks – viel zu wenig zu sein. So erhielt er zum Beispiel schon 80 Millionen Złoty (20 Millionen Euro) für ein PapstJohan­nes-Paul-II.-Museum in Thorn. Nun soll das Bauwerk fast das Doppelte kosten, doch in Warschau stößt der permanente Geldhunger des Priesters zunehmend auf Unmut. Angeblich soll es Jaroslaw Kaczyński, derzeit der mächtigste Mann Polens, abgelehnt haben, Rydzyk wieder mit leichter Hand Millionen aus der Staatskass­e zukommen zu lassen.

 ?? Foto: Getty/NurPhoto ?? Tadeusz Rydzyk will sich politisch umorientie­ren.
Foto: Getty/NurPhoto Tadeusz Rydzyk will sich politisch umorientie­ren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria