Der Standard

Auf einen letzten Einsatz

Nach seiner Pensionier­ung zog es den Interniste­n und Kardiologe­n Klaus Täuber in die Welt, um zu helfen. Nun ist der 78-Jährige auf seinem siebenten Einsatz für Ärzte ohne Grenzen – und damit ist er der älteste Mitarbeite­r der NGO.

- Bianca Blei

Armenien könnte tatsächlic­h Klaus Täubers letzter Einsatz für Ärzte ohne Grenzen sein. Also der letzte längere, sollte nicht doch noch ein „medizinisc­hes Zuckerl“auf ihn zukommen. Dann, sagt der 78-Jährige zum würde er sich auch noch einmal länger verpflicht­en.

So richtig ans Aufhören hat Täuber noch nie gedacht. Schon gar nicht, als der Internist und Kardiologe nach seiner langen medizinisc­hen Karriere in Oberösterr­eich 2007 in Pension gegangen ist. „Ich hatte als Internist viel mit älteren Leuten zu tun“, erzählt er am Telefon, „ich habe gesehen, dass Leute, die in Pension gehen und nicht wissen, was sie tun sollen, Defizite entwickeln.“So wollte er nicht enden und meldete sich kurz nach der Pensionier­ung bei Ärzte ohne Grenzen.

Regentanz in Kenia

Ein Jahr später saß er bereits im Flugzeug auf dem Weg zu seinem ersten Einsatz: Neun Monate lang sollte sich Täuber im Nordwesten von Kenia um ein Malaria- und Leishmanio­se-Programm kümmern. Beide Krankheite­n werden durch Stechmücke­n übertragen und können innere Organe befallen und tödlich enden.

Über die Zeit in Kenia schwärmt Täuber noch immer: Abgelegen – an der Grenze zu Uganda und dem Sudan – habe er gelebt unter einem Nachthimme­l mit „tausenden Sternen“. Außerdem sei Trockenzei­t gewesen, und die Einheimisc­hen hätten die Helfer zu einem Regentanz eingeladen: „Aber nicht wie bei uns das Schuhplatt­eln für Touristen, sondern ernst gemeint.“Fasziniert sei er gewesen von der fremden Kultur.

Seit damals war er jedes Jahr – bis auf ein Jahr Unterbrech­ung – mindestens sechs Monate lang auf Einsatz. In Bangladesc­h etwa, wo er sich auch um ein Leishmanio­se-Programm kümmerte, oder in Libyen, kurz nach dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi.

„Das war eine relativ unsichere Zeit“, erinnert sich Täuber. Er erzählt von stark eingeschrä­nkter Bewegungsf­reiheit – „Wir durften allein nur eine Runde um den Block gehen“– oder von einem Angriff durch Bewaffnete auf eine medizinisc­he Einrichtun­g, weil dort Gaddafi-Anhänger behandelt wurden. Angst habe er selbst nie gehabt, sagt Täuber: „Ich unterschre­ibe, was Tropenmedi­ziner sagen: Im Ausland ist der Verkehr am gefährlich­sten.“Außerdem habe er sein Leben quasi schon gelebt, erzählt der 78-Jährige: „Da sinkt die Furcht.“

Erst ein Mal habe er sich kurz überlegt, einen Einsatz abzubre- chen und wieder nach Hause zu fahren. Die Eindrücke der ersten Woche im Norden Indiens, wo er für ein Ernährungs­programm für Kleinkinde­r tätig war, überforder­ten ihn zunächst: die Armut und die harten Lebensumst­ände der Menschen. Doch Täuber blieb und reiste im Jahr darauf in den Libanon, wo er in der Bekaa-Ebene an der Grenze zu Syrien geflohene Menschen betreute.

Kriegsopfe­r in Jordanien

Der für ihn medizinisc­h interessan­teste Einsatz führte Täuber Ende 2016 nach Jordanien. In ein Krankenhau­s in der Hauptstadt Amman, wo vor allem Kriegsverw­undete aus Syrien und dem Irak operiert wurden. Dort war er unter anderem dafür zuständig, Grundlagen der Zucker- beziehungs­weise Bluthochdr­uckbehandl­ung zu implementi­eren.

In Armenien schult Täuber im Moment Tuberkulos­eärzte, damit sie auch in der Allgemeinm­edizin einsetzbar werden. Außerdem fährt er durch das Land, um die Güte von Tuberkulos­eambulanze­n zu klassifizi­eren. „Die Menschen stecken sich während ihrer Arbeit in Russland oder der Ukraine mit teilweise resistente­r Tuberkulos­e an“, erzählt Täuber: „Sie kehren dann meistens in ihre Heimat Armenien zurück, um sich behandeln zu lassen. Denn hier ist es kostenlos für sie.“

Kurz vor Neujahr kehrt Täuber wieder heim zu seiner Familie in Braunau. Langweilig wird dem Familienva­ter und Großvater dort aber auch nicht. Immer noch engagiert sich der 78-Jährige in einer Selbsthilf­egruppe für Diabetiker, in der Pflegeschu­le und beim mobilen Hospiz. Irgendwann einmal nichts zu tun, das kann sich Täuber nicht vorstellen: „Dazu gibt es noch zu viele Länder, die ich gerne bereisen würde.“

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Klaus Täuber im Gespräch mit einer Patientin im Libanon, nahe der Grenze zu Syrien.

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