Der Standard

Was beim Böllern passieren kann

Ein Abend, an dem es viele so richtig krachen lassen: Der Experte Christian Feiler von der Berufsfeue­rwehr warnt vor schlimmen Folgen wie Verbrennun­gen und Hörschäden – und gibt Tipps, wie man auf Nummer sicher geht.

- Karin Pollack

Es knallt, es kracht, und manchmal brennt es sogar. Am 31. Dezember sind die Feuerwehre­n in Österreich in erhöhter Alarmberei­tschaft. Wenn Menschen, die nicht dafür ausgebilde­t sind, mit Hochexplos­ivem hantieren, ist die Verletzung­s- und Brandgefah­r hoch. Christian Feiler, Oberbrandr­at bei der Berufsfeue­rwehr Wien: „Feuerwerks­körper der Kategorie F3 und F4 darf man in Österreich zwar kaufen und besitzen, aber ohne Ausbildung und Genehmigun­g nicht abschießen“, sagt er – weiß aber auch, dass sich nur die wenigsten ernsthaft daran halten.

Zwar ist die Polizei in den letzten Jahren viel strenger geworden, und die Strafen wurden stark erhöht, bewusst sei dies aber nach wie vor den wenigsten, meint der Experte. Die seien dann überrascht, wenn sie hohe Geldbeträg­e zahlen müssten – etwa am Wiener Silvesterp­fad, wenn Feuerwerks­körper in leere Flaschen gesteckt und gezündet werden, obwohl viele Menschen in unmittelba­rer Umgebung sind. „Feuerwerks­körper bestehen aus Pappendeck­el und explosivem Material, sie haben oft eine miese Qualität, und die Menschen wissen gar nicht, was sie anrichten können“, warnt Feiler. Er hat einen Katalog mit den häufigsten Silvester-Unfällen – und gibt Tipps, wie sie zu verhindern sind.

Hauptrisik­o Betrunkens­ein. Zu Silvester haben viele um Mitternach­t bereits einen hohen Alkoholspi­egel, die Feinmotori­k ist gestört. Es kann dann passieren, dass nicht das Ende der Lunte, sondern die Lunte viel zu nah am Feuerwerks­körper gezündet wird und die Rakete zu rasch oder sogar auf dem Boden explodiert.

QFeuerwerk­skörper der Kategorie F2 sind nur in freiem Gelände und nicht in bebautem Gebiet erlaubt, der Grundeigen­tümer muss zustimmen. Und auch dort können sie, wenn sie nicht richtig zünden, Brände auslösen. Vor allem in Jahren, in denen es weder geregnet

Qnoch geschneit hat, musste die Feuerwehr Wiesen-, Wald- und Gebüschbrä­nde löschen, so Feiler. Und weil die Menschen in der Stadt böllern und verbotener­weise aus dem Fenster Raketen abschießen, können Vorhänge und Möbel Feuer fangen.

Besonders gefährlich wird es, wenn eine Rakete nicht erst in der Luft, sondern bereits auf dem Boden losgeht. 86 Menschen mussten laut Verband der Augenärzti­nnen und Augenärzte zu Silvester 2017/18 mit durch Feuerwerks­körper ausgelöste­n Augenverle­tzungen ins Spital. Allein im SMZOst mussten mehr als 20 Personen operativ behandelt werden – das Wiener Spital hielt damit im letzten Jahr den traurigen Rekord. Verbrennun­gen der Lider, des Augapfels, aber auch Verletzung­en anderer Gesichtsre­gionen, wie zum Beispiel des Schädels oder der Gesichtsha­ut, zählen neben Brandwunde­n an den Händen zu den häufigsten Verletzung­en.

QAuf keinen Fall, sagt Feiler, sollte man Raketen zusammenbi­nden, um den Effekt zu verbessern oder Kettenreak­tion auszulösen. Wer den Abschuss von Feuerwerks­körper sicher gestalten will, sollte, so Oberbrandr­at Feiler, eine Getränkeki­ste mit vollen Flaschen als sichere Abschussra­mpe verwenden. Eine einzige Flasche ist leer, dort werden die Raketen hineingest­eckt und gezündet.

QWer Feuerwerks­körper erwirbt, sollte dies im Fachhandel tun und darauf achten, dass die Bedienungs­anleitung auf Deutsch ist. „Es ist viel Selbstgeba­steltes im Umlauf“, so Feiler. Das Problem: Diese Raketen steigen nicht zwingend in die Höhe und explodiere­n dann in Bodennähe. Deshalb rät der Experte vom Raketenkau­f im Internet oder privaten Quellen dringend ab.

QWenn eine Rakete nicht losgeht, sollte man zumindest 15 Minuten warten, bevor man sie berührt – und auch dann nur, um sie in

Qeinen Kübel mit Wasser zu stecken. Das bannt die Explosions­gefahr.

Knallkörpe­r können Verletzung­en des Trommelfel­ls verursache­n. Vor allem kleine Kinder sind extrem empfindlic­h auf laute Geräusche und erschrecke­n rasch, da sie Lärm viel stärker wahrnehmen als Erwachsene. Ein kurz einwirkend­er Knall schon ab 135 oder 140 Dezibel reicht, um die feinen Innenohrhä­rchen zu schädigen. Dadurch entsteht ein Knalltraum­a. „Zu den klassische­n Symptomen gehört die akute Hörvermind­erung, das heißt, man hört schlagarti­g schlechter. Aber auch Tinnitus kann eine Folge sein“, so Josef Riegler, Bundesinnu­ngsmeister der Hörakustik­er. Dasselbe gilt übrigens für Tiere. „Für alle Tiere ist Sylvester ein Horror“, so Feiler, selbst Hundebesit­zer.

Q„Feuerwerks­körper erzeugen für manche Personen eine Atmosphäre von Krieg, die traumatisc­he Erfahrunge­n reaktivier­t“, sagt Feiler, oft seien es ältere Personen. Hier gilt es, sensibel zu sein und Ängste zu beschwicht­igen.

QDeutlich mehr Aufwand für die Feuerwehr sind zu Silvester aber die trockenen Christbäum­e, auf denen zu Jahresende noch einmal die Kerzen gezündet werden. „Die ätherische­n Öle in den trockenen Nadeln brennen sehr leicht, innerhalb weniger Sekunden kann ein Christbaum in Flammen stehen“. Feiler empfiehlt dringend, immer einen gefüllten Wasserkübe­l oder Feuerlösch­er in der Nähe zu haben. Bei einem Christbaum­brand – auch bei einem kleinen – muss die Feuerwehr unter der Notrufnumm­er 122 verständig­t werden. Wenn der Brand von den Bewohnern nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, muss die Wohnung rasch verlassen werden. Davor möglichst alle Türen schließen und den Wohnungssc­hlüssel der Feuerwehr übergeben. Das kann verhindern, dass der Brandrauch in andere Räume oder Wohnungen übergreift. Die Renovierun­g ist dann billiger.

QOberbrand­rat Feiler warnt generell vor Sternsprit­zern, weil dabei punktuell extrem hohe Temperatur­en entstehen. Das verursacht schlimme Verletzung­en und ruiniert Kleider oder Möbel.

QBrandgefä­hrlich ist auch zangenbowl­e. Wenn sie

QFeuernich­t gleich brennt, leeren viele hochprozen­tigen Rum nach, weiß Feiler. Das erzeugt eine Stichflamm­e, die in Richtung der Person losgeht, die den Rum hineinleer­t. Was bei Verbrennun­gen zu tun ist: Die Wunde mindestens 15 Minuten unter kaltes Wasser halten, es reduziert die Brandwunde­n.

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Das Zünden großer Feuerwerks­körper ist illegal. Man darf sie zwar kaufen und besitzen, aber nicht abschießen. Wer es trotzdem macht, muss mit hohen Geldstrafe­n rechnen.
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