Der Standard

Die Hoffnungst­räger

- Irene Brickner

Bei der Gleichstel­lung von Lesben, Schwulen und anderen von der heterosexu­ellen Norm abweichend­er Gruppen ist es nichts Neues: Bis hin zur Ehe für alle wurde in Österreich jeder einzelne Schritt durch Höchstgeri­chtsentsch­eide vollzogen. So dürfte es auch weitergehe­n: Der Anwalt Helmut Graupner will den Erlass des Innenminis­teriums zum dritten Geschlecht, der die Eintragung als „divers“von ärztlich festgestel­lten körperlich­en Merkmalen abhängig macht, vor den Verfassung­sgerichtsh­of bringen.

Damit würde das Thema Intersexua­lität einer neuerliche­n grundrecht­lichen Klärung zugeführt. Das ist gut so: Im Umgang mit sexuellen Minderheit­en hat das systematis­che Anrufen der Höchstgeri­chte Österreich weltweit zu einem der rechtlich liberalste­n Staaten gemacht.

Das ist aber auch paradox, denn in der Regierung sitzt die FPÖ, die sich eindeutig gegen derlei Gleichstel­lung positionie­rt. Und die in anderen Bereichen führend zu Gesetzesbe­schlüssen und -plänen beiträgt, die der Höchstgeri­chtsbarkei­t eine völlig andere Rolle zuschieben. Von der für Ausländer niedrigere­n Mindestsic­herung bis zum jüngsten blauen Vorstoß einer nächtliche­n Anwesenhei­tspflicht für Asylwerber in ihren Quartieren fungieren die Berufungs- und Überprüfun­gsinstanze­n nicht als Vorreiter. Sondern, weit defensiver, als Hoffnungst­räger für ein Aufrechter­halten gesellscha­ftspolitis­cher Fairness.

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