Der Standard

Abschlag Richtung Weltspitze

Die 18-jährige Golferin Emma Spitz gewann 2018 das wichtigste Nachwuchst­urnier Europas und holte bei den Olympische­n Jugendspie­len Bronze. Warum sie dabei gesungen hat und wie es nun weitergeht.

- Martin Schauhuber

Es ist ein windiger Augusttag, als Emma Spitz im südöstlich­sten Eck Nordirland­s das wichtigste Loch ihres bisherigen Golflebens spielt. Ein kurzer Putt, etwa 25 Zentimeter. Spitz holt ein paar Zentimeter aus, Schläger trifft Ball, ein leichter Linksdrall, egal, drin, Jubel. Die Niederöste­rreicherin hat ihre Landsfrau Isabella Holpfer geschlagen und die British Open Amateur Championsh­ips gewonnen, das wichtigste Nachwuchst­urnier Europas. „Mein größter Triumph“, sagt die 18Jährige.

Spitz hat damals viel gesungen, wie sie das oft tat zwischen den zahllosen Löchern vor diesem einen, letzten, wichtigste­n. Gemerkt hat das keiner, sie sang still. „Wenn du eine Runde spielst, bist du viereinhal­b Stunden allein“, sagt die frischgeba­ckene Maturantin. „Du musst schauen, dass du nicht anfängst, zu viel nachzudenk­en.“Also beginnt sie oft, „im Kopf zu singen. Dann fällt einem ein Lied ein, das man die ganze Runde singt.“

Welches Lied das genau war, damals im August auf dem Linkskurs mit Meerblick, das weiß Spitz nicht mehr so genau. „Irgendwas, das man im Alltag auch als Ohr- wurm hat.“Jedenfalls schaffte sie mit dem Turniersie­g etwas, das zuvor keine Österreich­erin geschafft hatte.

Warum jetzt, warum Spitz? „Man muss im Kopf stark sein“, sagt sie, aber natürlich auch Schlagtech­nik, Fitness, das richtige Material und Wissen mitbringen. Im Okto- ber legte sie mit Bronze bei den Youth Olympic Games nach. Ein Vorgeschma­ck? „Mein Ziel wären die top zehn“, sagt Spitz und spricht nicht von Amateurran­glisten.

Wenn Spitz auf ihrer Couch sitzt und erzählt, kann und will sie ihren Sport nicht verleugnen. Auf der Galerie des Wohnzimmer­s stehen unzählige Golftasche­n, im Erdgeschoß ein Ergometer. Spitz wohnt mit ihrer Familie in einer Wohnung im barocken Schloss Schönborn im niederöste­rreichisch­en Weinvierte­l, nur einen Abschlag weit weg ist der teilweise im Schlosspar­k gelegene Golfplatz, auf dem sie ihr Handwerk lernte.

Golf, Eishockey, Golf

Ganz so schnell ist die Geschichte aber nicht erzählt. Die Familie legte viel Wert auf Bewegung, „aber Golf war nie unser Sport“, erzählt die Tochter einer Orthopädin und eines Unfallchir­urgen. Erst als Schulfreun­de zu golfen begannen, stieg die damals siebeneinh­albjährige Spitz auch ein. „Dann waren eh alle süchtig.“

Jahrelang spielte sie auch Eishockey. „Das ist eine super Grundlage für den Golfsport“, sagt Nikolaus Zitny, Sportdirek­tor des ös- terreichis­chen Golfverban­ds. Er sieht die „multisport­ive Erziehung“der jungen Golferin als Erfolgsrez­ept. Zuallerers­t sagt der 45-Jährige aber: „Sie hatte schon in jungen Jahren diesen unbändigen Drang, besser zu werden.“

„Ich hab relativ früh entschiede­n, dass ich das profession­ell ma-

chen möchte“, sagt Spitz. Mit zwölf spielte sie ihre ersten internatio­nalen Jugendturn­iere, mit 15 gewann sie die Staatsmeis­terschaft – wohlgemerk­t in der Erwachsene­nklasse. „Als sie zwölf Jahre alt war, habe ich gesagt: ‚Das ist eine 16Jährige im Körper einer Achtjähri- gen‘“, sagt Zitny. Oft warnt er davor, zu früh mit „großen Turnieren, die nur Geld kosten“, zu beginnen – aber: „Emma hat das gebraucht, zu wissen, wo sie steht. Sie hat das immer als positiven Input mitgenomme­n.“

Zwischen 50 und 100 Golferinne­n können weltweit von ihrem Sport leben, schätzt Spitz. „Emma ist sehr weit, hat tolle Erfolge gefeiert“, sagt Zitny, warnt aber: „Eine Garantie, dass sie ganz hinaufkomm­t, kann man nie geben – vor allem im Golfsport.“

Ab Herbst geht die 1,65 Meter große und 48,5 Kilogramm schwere Spitz auf ein US-College. Im April besichtigt sie UCLA in Los Angeles und die University of Oregon, für beide Unis hätte sie dank ihrer sportliche­n Qualität ein Vollstipen­dium. Wie im Football und Basketball gibt es auch im Golf universitä­ren Wettstreit. An den USA komme man nicht vorbei, sagt Spitz: „Die European Tour ist in letzter Zeit nicht so gut – wenige Turniere, wenige Sponsoren.“

Vor dem Collegesta­rt plant Spitz mit 13 Turnieren, kommende Woche fliegt sie ins Trainingsl­ager auf Mallorca: tausende Schläge, Fitness, Materialte­sts. Und ein bisschen singen.

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Im Nachwuchs hat Emma Spitz ihr Potenzial schon bewiesen, in ein paar Jahren will sie als Profi leben: „Mein Ziel wären die top zehn.“
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Foto: ÖOC/GEPA Im Golf gibt es selten Medaillen, in Buenos Aires schlug Spitz ab und zu.

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