Der Standard

KOPF DES TAGES

Der Rätselmann an der Spitze des Kongo tritt ab

- Manuel Escher

Bald ist er also weg, der Mann, der seit 2001 den Kongo, Afrikas zweitgrößt­en Staat, regiert und über den man trotzdem wenig weiß: Joseph Kabila, vor rund 47 Jahren entweder im Ostkongo, in Tansania oder vielleicht in Ruanda geboren; Sohn eines Rebellenfü­hrers, durch die Ermordung seines Vaters 2001 relativ unvermitte­lt an die Macht gekommen – der dann doch regierte, als habe er schon lange einen Plan dafür gehabt; angebliche­r Demokrat, der zwei fünfjährig­e Amtszeiten über 18 Jahre streckte, Wahlen durch Manipulati­on gewann und Demonstran­ten niederschi­eßen ließ; selbsterna­nnter Einiger des Kongo, der die Sprachen des von ihm regierten Staates erst im Amt und mehr schlecht als recht lernte.

Dass so wenig Gesicherte­s über die Herkunft von Kabila bekannt ist, liegt an den Umständen seiner Geburt: Kabilas Vater, der einst linke Rebell Laurent Kabila, war einer der wichtigste­n Gegner des von Washington unterstütz­ten Staatschef­s Mobutu Sese Seko, in dessen Amtszeit der Kongo noch Zaire hieß. Kabila Sr. ließ seinen Sohn versteckt in Tansania aufwachsen, weshalb dieser später die dortigen Hauptsprac­hen Englisch und Suaheli, nicht aber jene des Kongo, Französisc­h und Lingala, beherrsche­n sollte.

Seine Begeisteru­ng für Kriegsfilm­e konnte Joseph dafür bald ausleben: Bei seiner Militäraus­bildung zunächst in Uganda, später in China – und bald auch im echten Krieg. Als Laurent Kabilas Rebellen mithilfe Ugandas und Ruandas 1997 bis Kinshasa marschiert­en, war Joseph als Chef einer Einheit dabei, in der Kindersold­aten kämpften. Als sein Vater sich mit der ruandische­n Regierung zerstritt und mit deren Hilfe von Leibwächte­rn ermordet wurde, war der 29-jährige Joseph 2001 plötzlich Präsident.

18 Jahre später fällt die Bilanz gespalten aus: Fortschrit­te gibt es bei der Einheit des Landes, einige Friedensve­rträge mit regionalen Rebellen halten – andere nicht: Die politisch-geografisc­he Spaltung ist immer noch groß. Vom starken Wirtschaft­swachstum profitiert­en eher Kabila und seine Getreuen als jene zwei Drittel des Volkes, die mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen müssen. Vor allem bleibt der immer brutalere Umgang mit Opposition­ellen und Demonstran­ten als Erbe.

Ganz besonders unklar ist, welche Rolle Kabila nach der Wahl spielen will: Dass er sich nicht nur mit Frau und Tochter auf sein Gut nahe Kinshasa zurückzieh­en und dort seinem Hobby, dem Motocross frönen will, hat er schon angedeutet.

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Foto: AFP Der Präsident des Kongo, Joseph Kabila, prägte 18 Jahre lang sein Land.

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