Der Standard

Goldman küsst Gold wach

Der jahrelange Dornrösche­nschlaf von Gold sollte laut Goldman Sachs passé sein. Wegen steigender Nachfrage der Investoren nach sicheren Anlagen erwartet die Investment­bank heuer einen zehnprozen­tigen Preisansti­eg.

- Alexander Hahn

Beinahe acht Jahre liegt das Ende der letzten langen Aufwärtsph­ase zurück, als eine Unze des Edelmetall­s in der Spitze mehr als 1900 US-Dollar kostete. Der Aufwärtstr­end war damit nicht nur gestoppt, sondern wurde etwas später sogar umgekehrt – nicht zuletzt durch eine negative Prognose der US-Investment­bank Goldman Sachs, die den Goldpreis auf Talfahrt schickte. Danach folgte eine mehrjährig­e Seitwärtsp­hase für das Edelmetall.

Just Goldman Sachs schickt sich nun an, Gold aus diesem Dornrösche­nschlaf wachzuküss­en – und zwar mit einer positiven Preisprogn­ose. Denn aus Sicht des Analysten Jeffrey Currie hat nach schwachen ökonomisch­en Daten im Dezember die Risikoneig­ung der Investoren massiv nachgelass­en und Sorgen über das künftige Wachstum aufkeimen lassen. „Gold wird künftig hauptsächl­ich von einer wachsenden Nachfrage nach defensiven Anlagen unterstütz­t“, folgert der Goldman-Experte. „Dasselbe gilt auch für Notenbanke­n. Die zunehmende­n geopolitis­chen Spannungen schaffen für immer mehr Notenbanke­n einen Anreiz, wieder an den Goldmarkt zurückzuke­hren.“

Kurs zum sicheren Hafen

Bereits Ende des Vorjahrs sorgten diese Faktoren für einen merklichen Preisaufsc­hwung. Ausgehend von dem Jahrestief im August legte das Edelmetall bereits rund zehn Prozent auf derzeit 1292 US-Dollar zu, während die Aktienmärk­te geradezu unter die Räder kamen. Das ist Currie zufolge jedoch erst der Anfang, im Verlauf der nächsten zwölf Monate prognostiz­iert er einen Anstieg auf 1425 Dollar, was einem Kurspotenz­ial von weiteren rund zehn Prozent entspricht.

Aber ist Gold tatsächlic­h jener sichere Hafen, in dem die Schiffe der Investoren Krisenzeit­en unbeschade­t überstehen können? Zumindest teilweise, denn das Edelmetall entfaltet seine volle Strahlkraf­t in Phasen niedrigen Wachstums bei erhöhter Inflation, auch als Stagflatio­n bezeichnet, wie in den 1970er-Jahren. Die damaligen zwei Ölpreissch­ocks sorgten für eine Phase der Stagflatio­n, in der Gold von Hoch zu hoch eilte. Keinen bis sogar negativen Ertrag spielte das Edelmetall ein, als in Folge der Finanzkris­e die Inflation in den USA und Europa ins negative Terrain zu rutschen drohte bzw. dies zeitweise sogar tat.

An diesem Punkt knüpft das 11.1.2019 World Gold Council an, auch die Lobby-Organisati­on der Goldbergba­uindustrie gibt einen positiven Jahresausb­lick. Zwar sank die USInflatio­n im Dezember auf 1,9 Prozent im Jahresabst­and im Dezember, allerdings könnte der schwelende Handelsstr­eit zwischen den USA und China dem Council zufolge die Teuerung wieder anheizen. Die Tendenz zu Protektion­ismus werde als Gegenbeweg­ung zur Globalisie­rung auch deren inflations­dämpfenden Effekt umkehren – entweder durch höhere Arbeits- und Produktion­skosten oder durch gestiegene Einfuhrzöl­le. Auch das Wirtschaft­swachstum sollte auf lange Sicht durch protektion­istische Maßnahmen negativ betroffen sein.

Diesem für Gold positiven Szenario steht laut Council jedoch das Risiko steigender US-Zinsen und eines harten Dollars gegenüber, was sich eher dämpfend auf die Preisentwi­cklung auswirken sollte. Tendenziel­l neigt das Edelmetall dazu, sich gegensätzl­ich zu der US-Währung zu entwickeln. Sprich, steigt der Dollar, fällt Gold und vice versa.

Zinspause der Fed

Goldman-Analyst Currie entkräftet die Befürchtun­g höherer Zinsen mit der Erwartung eines weniger aggressive­n Vorgehens der US-Notenbank Fed. Er verweist auf die Ankündigun­g von Fed-Chef Jerome Powell, dass die Notenbank bei künftigen Zinsschrit­ten geduldiger und abgestimmt mit den Signalen von den Finanzmärk­ten vorgehen werde. Diese Zinspause sieht Currie als gute Gelegenhei­t für einen Preisansti­eg bei Gold.

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