Der Standard

Meinl-Verfahren verzögert sich

Staatsanwa­ltschaft bestellt Gutachter für MEL-Kurs

- Renate Graber

Wien – Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Wien in der Causa Meinl European Land (MEL) gegen Julius Meinl V. und andere werden so bald nicht beendet sein. Zwar haben die Ermittler von der Soko MEL im Herbst ihren Abschlussb­ericht vorgelegt – nun aber hat die Staatsanwa­ltschaft entschiede­n, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben.

Laut Schreiben vom 10. Jänner soll ein Sachverstä­ndiger eine Expertise „zur Frage des hypothetis­chen (,richtigen‘) Börsenkurs­es“der MEL-Zertifikat­e zwischen 1. Jänner 2005 und 23. August 2007 erstellen. In dem Zeitraum seien die Anleger gemäß bisherigen Ermittlung­sergebniss­en von den Beschuldig­ten getäuscht worden und zum Ankauf (oder NichtVerka­uf) von MEL-Zertifikat­en verleitet sowie geschädigt worden.

Wie hoch dieser behauptete Schaden genau ist, das ist auch nach neun Jahren der Ermittlung­en nicht klar. Das Landeskrim­inalamt Niederöste­rreich hält in seinem Abschlussb­ericht fest, dass sich die Ermittlung der Schadenshö­he schwierig gestalte, zumal viele Millionen Transaktio- nen zu prüfen, chronologi­sch zu systematis­ieren und einzelnen Personen zuzuordnen seien. Das zu tun übersteige aber die Ressourcen der Kriminalpo­lizei.

Auch aus anderen Beweiserge­bnissen lässt sich laut Staatsanwa­ltschaft der „effektive Verlust der Vermögenss­ubstanz der Anleger“nicht beziffern. Weder aus dem Gutachten, das fürs Handelsger­ichts erstellt wurde, noch aus dem, das schon im Strafverfa­hren erstattet wurde. In dem Verfahren geht es u. a. um den Verdacht des Betrugs und der Untreue – das Unternehme­n soll eigene Zertifikat­e zurückgeka­uft und so den Börsenkurs der MEL-Papiere beeinfluss­t haben. Konkretes dazu soll eben der Gutachter eruieren.

Bei dessen Auswahl dürfen die Beschuldig­ten mitwirken, indem sie einen geeigneten Experten benennen. Diese eher ungewöhnli­che Einbindung soll eine weitere Verfahrens­verzögerun­g verhindern. Ermittelt wird seit 2009.

Die Beschuldig­ten um Meinl und Exbankchef Peter Weinzierl bestreiten die Vorwürfe; es gilt die Unschuldsv­ermutung. Den SokoAbschl­ussbericht „im Stil eines Schulaufsa­tzes“hat Weinzierl als „substanzlo­s“klassifizi­ert.

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