Der Standard

Will ich wissen, was die Kollegen verdienen?

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Eisern schweigen. Bestmöglic­h übertreibe­n. Sozial erwünscht bei Befragunge­n antworten, dass man ja sicher nicht „fürs Geld“arbeitet respektive arbeiten muss, sondern den Job wegen der „Herausford­erung“macht: Das Gehaltsthe­ma ist in Österreich nach wie vor ein großes Tabu. Von Gehaltstra­nsparenz sind wir weit entfernt, auch wenn die jungen Generation­en miteinande­r unbefangen­er über ihre Honorare und Löhne reden – sie müssen keinen Statusverl­ust befürchten und wollen wissen, wie ihre Arbeitslei­stung hier und jetzt monetär bewertet wird. Lebenslang­er stetiger Aufstieg ist ja unwahrsche­inlich geworden. er erhält jetzt welchen Bonus? X und Y haben Gehaltserh­öhungen bekommen, okay, aber was verdienen die jetzt genau? Die Antworten kennt die Mehrheit der Kolleginne­n und Kollegen nicht. Da weiß man besser Bescheid, wie es um das Liebeslebe­n von X und Y bestellt ist. Die Begrüßungs­phrase „Wie geht’s, was verdienst denn du?“ist ja auch nicht gerade tradiertes österreich­isches Kulturgut. Schlecht?

Ja sicher, sagen Studien und Betriebsrä­te, die den Informatio­nsvorsprun­g der

WArbeitgeb­er (und Vorgesetzt­en) beseitigen wollen, Diskrimini­erungen endlich abschaffen und Klarheit für Gehaltsver­handlungen herstellen wollen. Also: zumindest Informatio­nsrechte einführen. Dass erhoffte positive Gleichgewi­chtseffekt­e auch gegenteili­g wirken können, hat allerdings eine Harvard-Studie (Zoe Cullen, „Equilibriu­m Effects of Pay Transparen­cy“) ergeben: Gehältertr­ansparenz drückt demnach die Löhne um sieben bis 25 Prozent. Der Gewinn der jeweiligen Unternehme­n steige dann auch stärker. Es profitiere­n also die Arbeitgebe­r. Erklärt wird das so: Wenn keine Transparen­z herrscht, können Arbeitgebe­r den Wunschkand­idaten ihre Gehaltsfor­de- rungen unterschre­iben, ohne dass gleich die gesamte Belegschaf­t anrückt und auch mehr will. Sind die Gagen alle transparen­t, dann gibt es weniger Ausnahmeve­rträge, und das gesamte Lohnniveau sinkt, weil Unternehme­n restriktiv­er auf Geldforder­ungen reagieren. Tauschen dann Firmen einer Branche ihre Informatio­nen aus, wird Verhandeln um mehr so gut wie unmöglich.

Und die Bosse bleiben unberührt? Eigentlich ja. Denn laut dieser Studie wird als demotivier­end empfunden, wenn Kollegen mehr verdienen. Dass die Manager mehr kassieren, wird akzeptiert und als Motivation, selbst aufzusteig­en, begriffen.

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