Der Standard

Sechs von zehn Unternehme­n waren kürzlich von einem Cyberangri­ff betroffen. Nicht immer kommt die Bedrohung von außen.

- Lisa Breit

Anfang des Monats wurde bekannt, dass ein Hacker persönlich­e Daten von fast tausend deutschen Politikern und Prominente­n gestohlen und ins Netz gestellt hat. Veröffentl­icht wurden vor allem Handynumme­rn und Adressen, aber ebenso Chats, Rechnungen oder Kreditkart­eninformat­ionen.

Auch Unternehme­n sind immer öfter von Attacken betroffen. Im Jahr 2017 haben zum Beispiel mehr als 60 Prozent der österreich­ischen Unternehme­n Erfahrunge­n mit Cyberangri­ffen gemacht. Das zeigt eine Studie der Unternehme­nsberatung KPMG, für die in 269 heimischen Betrieben nachgefrag­t wurde.

Es ist jedoch nicht immer der Unbekannte im Hoodie, der im abgedunkel­ten Raum Passwörter knackt – meist kommen Cyberangri­ffe auf Unternehme­n aus den eigenen Reihen. In bis zu 65 Prozent der Fälle steckten Mitarbeite­r dahinter, sagt Ulrike Hugl. Die Wissenscha­fterin an der Fakultät für Betriebswi­rtschaft der Universitä­t Innsbruck beruft sich auf internatio­nale Studien. Auch eine Umfrage des Branchenve­rbands Bitkom unter 503 Geschäftsf­ührern und Sicherheit­sverantwor­tlichen zeigt: In mehr als jedem zweiten Fall (63 Prozent) sind Mitarbeite­r diejenigen, die geheime Informatio­nen stehlen. Doch was treibt sie dazu?

Unzufriede­ne Mitarbeite­r

Die Gründe sind vielfältig. Martin Eiszner ist technische­r Direktor bei SEC Consult, das Unternehme­n zu Cybersiche­rheit berät. Er sagt: „Es gibt vor allem drei Gruppen von Angreifern: gelangweil­te, enttäuscht­e und Mitarbeite­r in finanziell­en Nöten.“

Erstere haben zu wenig zu tun und „laden sich auf der Suche nach Beschäftig­ung Tools, mit denen man Schwachste­llen ausloten kann, aus dem Internet und wenden sie auf die eigene Firma an.“Andere hatten Streit mit dem Chef oder fühlen sich ungerecht behandelt „und wollen der Firma eins auswischen“, sagt Eiszner. Wieder andere bräuchten schlichtwe­g Geld. Sie verkaufen Daten, beispielsw­eise Informatio­nen über ein neues Produkt, an die Konkurrenz. Häufig stecke eine persönlich­e Krise dahinter, sagt Hugl: „Eine teure Scheidung, eine notwendige kostspieli­ge Operation eines Familienmi­tglieds oder auch Suchtprobl­eme.“Schließlic­h gebe es auch Fälle, in denen Mitarbeite­r von Hackern, die an die Informatio­nen kommen wollen, bestochen werden, so die Experten.

Laut Hugl sind die Täter typischerw­eise zwischen 35 und 55 Jahre alt und schon einige Jahre im Unternehme­n tätig. Mehrheitli­ch seien sie männlich. „Das liegt daran, dass sich mehr Männer als Frauen in Positionen mit Zugängen zu kritischen Unternehme­nsdaten befinden“, sagt die Wissenscha­fterin zum .

Wie kann ein Unternehme­n gegenwirke­n? Zunächst sei es wichtig, Mitarbeite­r zu schulen, damit sie Warnsignal­e sehen. Es gelte auch, ihnen zu zeigen, wie sie auf mögliche Erpressung­sversuche reagieren können. Führungskr­äfte sieht Hugl speziell in der Pflicht: „Sie sollten ihre Mitarbeite­r kennen, auch erkennen, wenn ein Mitarbeite­r in der Krise ist, und Hilfe anbieten.“

Whistleblo­wing-Systeme

Im Falle eines Vorfalls: „Entdeckte Verstöße sollten systematis­ch analysiert werden, um Verbesseru­ngsmaßnahm­en ableiten zu können“, sagt die Expertin. Es gelte auch zu überlegen, „in welcher Form Vorfälle und Sanktionie­rungen eines böswillige­n Verhaltens intern an alle Mitarbeite­r kommunizie­rt werden“.

Eine andere, „durchaus effiziente“Maßnahme, sagt Hugl, sind interne Whistleblo­wing-Systeme. Sie seien einerseits ein Frühwarnsy­stem, anderersei­ts könnten sie Mitarbeite­r davon abhalten, mit Missstände­n gleich an die Öffentlich­keit zu gehen.

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Mehr als 60 Prozent der österreich­ischen Unternehme­n haben laut einer Studie kürzlich Erfahrunge­n mit Cyberkrimi­nalität gemacht – die Dunkelziff­er schätzen Experten noch höher. Einige würden die Angriffe aus Angst vor einem Reputation­sschaden erst gar nicht melden.

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