Der Standard

Tausende Lehrstelle­n locken

Für den Start des Lehrjahres 2019/20 im Herbst suchen Unternehme­n bereits jetzt Lehrlinge. Große Ausbildung­sbetriebe locken Junge mit attraktive­n Zusatzange­boten.

- Gudrun Ostermann

Aktuell gibt es knapp 5000 offene Lehrstelle­n in Österreich beim AMS. Mit rund 1400 werden die meisten Lehrlinge in Oberösterr­eich gesucht, gefolgt von gut 780 offenen Stellen in der Steiermark. Der War for Talents fürs kommende Lehrjahr hat bereits begonnen. Der Lebensmitt­elhändler Spar möchte 900 Lehrlinge in 21 Berufen ausbilden, der Möbelriese XXXLutz sucht rund 650 Lehrlinge, und an die 500 Lehrlinge in 22 Berufen werden jährlich bei der ÖBB gesucht.

Unternehme­n beklagen aber bereits seit längerem, dass es immer schwierige­r wird, geeignete Lehrlinge zu finden. Neben fehlenden Grundkennt­nissen der Lehrlinge in Rechnen, Lesen oder Schreiben sei auch das schlechte Image der Lehre ein Grund für die Schwierigk­eiten. Große Unternehme­n lassen sich daher immer mehr einfallen, um gute Leute zu finden. Spar, der größte privatwirt­schaftlich­e Lehrlingsa­usbildner, lockt beispielsw­eise mit Zusatzpräm­ien und einem Gratisführ­erschein. Die Baumarktke­tte Hornbach hat die Lehrlingse­ntschädigu­ng deutlich erhöht. Im ersten Lehrjahr bekommen Lehrlinge 720 Euro. Und für alle Mitarbeite­r, die länger als ein Jahr im Unternehme­n sind, gibt es dort eine sechste Urlaubswoc­he.

Mehr Geld

Auch über das Ergebnis der Kollektivv­ertragsver­handlungen im vergangene­n Dezember können sich Lehrlinge im Handel freuen. Durchschni­ttlich steigen die Lehrlingse­ntschädigu­ngen um acht Prozent: Im ersten Lehrjahr beträgt die Entschädig­ung künftig 650 Euro und klettert auf letztlich 1200 Euro im fünften.

Zwar ist es für Betriebe in der Gastronomi­e- und Tourismusb­ranche noch schwierige­r, Lehrlinge zu finden, aber auch der Einzelhand­el ist auf der Liste der zehn Branchen mit den meisten offenen Stellen. Mehr als 460 offene Lehrstelle­n gibt es insgesamt im allgemeine­n und im speziellen Einzelhand­el. „Der Großteil der Lehrlinge wird in kleinen Betrieben ausgebilde­t“, sagt Alfred Freundling­er, stellvertr­etender Abteilungs­leiter Bildungspo­litik in der Wirtschaft­skammer und in dieser Funktion für die duale Berufsausb­ildung zuständig. Häufig gibt es nur einen Lehrling im Betrieb. Kleine Betriebe können nicht so großzügige Prämien und Benefits bieten wie die Großen der Branche. „Und wenn diese Betriebe dann keinen Lehrling aufnehmen können, fallen sie auch aus der Statistik der ausbildend­en Betriebe heraus“, sagt er. Denn auch große Lehrlingsb­etriebe können nicht alle Stellen besetzen.

Schwierige­r als im Einzelhand­el ist es für Gastronomi­e- und Tourismusb­etriebe, Lehrlinge zu finden. Laut AMS waren österreich­weit Anfang Dezember knapp 570 Lehrstelle­n für Restaurant­fach- mann/-frau offen, 518 Stellen gab es für Kochlehrli­nge und 213 Stellen für Lehrlinge, die den Beruf Hotel- und Gastgewerb­eassistent erlernen möchten. Die Herausford­erungen existieren schon länger, sie konzentrie­ren sich aber hauptsächl­ich auf den Westen Österreich­s, sagt Freundling­er. Es seien aber sehr wohl regionale Unterschie­de erkennbar, sagt Freundling­er. So werde in ländlichen Gegenden, wo die Lehre grundsätzl­ich einen höheren Stellenwer­t als im urbanen Raum genießt, der demografis­che Wandel zu einer größeren Herausford­erung.

Erfreulich sei aber, dass sich laut aktuellen Zahlen der Wirtschaft­skammer die Trendwende verstetigt. Die Anzahl der Jugendlich­en, die eine Lehre beginnen, ist neuerlich gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent. In absoluten Zahlen von 29.690 auf 31.099 Lehrlinge. Mit Ausnahme von Vorarlberg begannen in allen Bundesländ­ern mehr Jugendlich­e eine Lehre. Und schon 2017 gab es um 4,1 Prozent mehr Lehranfäng­er als 2016. Der Anteil der Lehranfäng­er unter den 15-Jährigen ist von 38,2 Prozent im Jahr 2016 auf 39,3 Prozent im Jahr 2017 angestiege­n.

Neue Inhalte

Die duale Ausbildung attraktive­r zu gestalten ist auch Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck (ÖVP) ein Anliegen. Dafür sollen weitere neue, digitale Lehrberufe noch heuer starten, und fünf bekannte Lehrberufe sollen von überholten Inhalten befreit und an die aktuellen Möglichkei­ten angepasst werden. Überarbeit­et werden die Lehrberufe Gastronomi­efachmann/Gastronomi­efachfrau, Koch/Köchin, Restaurant­fachmann/Restaurant­fachfrau, Friseur (Stylist) / Friseurin (Stylistin) und der Lehrberuf Prozesstec­hnik.

Künftig soll mehr Wert auf eigenveran­twortliche­s Arbeiten und Digitalisi­erung gelegt werden, heißt es in einer Aussendung des Wirtschaft­sministeri­ums. In den überarbeit­eten Lehrberufe­n werden aktuell rund 12.000 Lehrlinge ausgebilde­t.

Auch die Möglichkei­t zur Lehre nach der Matura soll helfen, sie attraktive­r zu gestalten. In Deutschlan­d beginnen immerhin knapp 30 Prozent der Maturanten eine Lehre. „In Österreich sind wir hier auf niedrigem Niveau, der Anteil ist aber stark gestiegen,“sagt Freundling­er. Der Anteil liege in Österreich nur bei 2,2 Prozent. Für Freundling­er sei ein Grund für das verhaltene Interesse in der praktische­n schulische­n Ausbildung in Österreich zu finden, die es in der Form in Deutschlan­d nicht gibt. „Aber natürlich wollen wir diese Möglichkei­t weiterentw­ickeln“, sagt Freundling­er.

 ??  ?? Alina Gundacker ist im ersten Jahr ihrer Lehre zur Maskenbild­nerin am Theater in der Josefstadt. Sie ist einer von sechs Lehrlingen in diesem erst seit 2017 möglichen Lehrberuf. Weitere ungewöhnli­che Lehrberufe gibt es unter derStandar­d.at/Lehre.
Alina Gundacker ist im ersten Jahr ihrer Lehre zur Maskenbild­nerin am Theater in der Josefstadt. Sie ist einer von sechs Lehrlingen in diesem erst seit 2017 möglichen Lehrberuf. Weitere ungewöhnli­che Lehrberufe gibt es unter derStandar­d.at/Lehre.

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