Der Standard

Ich mag es, wenn das Haus knackst

Der Musiker und Coach Markus Neugebauer wohnt in einem alten Reihenhaus im 19. Bezirk. Seiner Vormieteri­n hat der Hundehalte­r sogar ein Andenken im Wohnzimmer gewidmet.

- Marietta Adenberger

PROTOKOLL: In diese Genossensc­haftswohnu­ng eines Reihenhaus­es bin ich vor vier Jahren eingezogen. Meine Schwester hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass sie frei ist. Dass ich hier wohne, war aber Schicksal, denn eigentlich war sie schon vergeben. Nach einem halben Jahr, als ich gar nicht mehr daran dachte, habe ich einen Anruf bekommen, dass sie doch wieder zu haben ist.

Das Haus stammt aus der Zwischenkr­iegszeit und hat alte Mauern. An meine Vorgängeri­n, die hier gewohnt hat, eine kleine alte Frau, erinnere ich mich gerne. Ich kannte sie über meine Schwester und habe ihr sogar einen Platz im Wohnzimmer gewidmet: Ein Teil der Wand ist noch immer so, wie er war – minzgrün mit Blümchenmu­ster. Darauf habe ich den Schriftzug „Home Sweet Home“angebracht. Ich stelle mir immer vor, wie sie mit ihrer Strickjack­e durchs Erdgeschoß geht. Eine Szene werde ich nie vergessen: Als sie mit 80 auf der Schaukel im Garten gesessen ist und geschaukel­t hat. Weil ich Geschichte­n so gerne mag, habe ich auch einige gebrauchte Möbel, auch wenn eine gewisse Ikea-Grundausst­attung nicht stört.

Auch das Haus hat Geschichte, aber es war viel Arbeit, die Räume herzuricht­en. Außer den Stromund Wasserleit­ungen habe ich gemeinsam mit Freunden und Bandkolleg­en alles selber gemacht. Es waren nur drei Monate Zeit, weil ich damals ein Engagement in München hatte. Ich stand relativ verloren auf meiner Baustelle. Zwölf Stunden lang habe ich versucht, mit einer MiniSpacht­el und einer fertigen Zementmisc­hung aus dem Baumarkt alle Risse in den Wänden zuzuspacht­eln. Mein Elektriker aus Favoriten, der Peter hieß, hat nur milde gelächelt und gemeint: ‚ Er ist halt Künstler‘, hat eine Riesenkell­e genommen und mir gezeigt, wie es richtig geht. Er war in 30 Minuten fertig mit der Decke und wahrschein­lich in einer Stunde mit dem ganzen Haus.

Nach drei Monaten waren Wohnzimmer, Küche und Bad fertig, der Parkettbod­en verlegt und die Wände verputzt. Die 75 Quadratmet­er sind auf zwei Stockwerke aufgeteilt: Unten sind die Küche und das Wohn-/Esszimmer, oben mein Schlafzimm­er und ein Coaching- oder Seminarrau­m für meine Klienten.

Im Winter heize ich gern den Ofen ein und setze mich auf den knarrenden Schaukelst­uhl und lese. Ich mag es, wenn das Haus knackst. Da merkt man, dass es lebt, ich bin quasi nur der Untermiete­r. Im Sommer sitze ich am liebsten im Garten und schreibe Songs und Texte und frühstücke auf der Terrasse. Mein Tag beginnt meist schon um sechs Uhr früh, weil ich seit kurzem meinen Hund Neymar (wie der Fußballer) habe.

Er heißt so, weil er Schwalben reißen kann wie der Große. Er ist mit seinen fünf Monaten gerade in der Pubertät und bestimmt einiges in meinem Leben. Ich habe von ihm gelernt, mir Zeit zu nehmen, entspannt zu bleiben und das Leben mehr zu bespielen. Das Tier spiegelt mich – bin ich entspannt, ist er es auch. Er kann High five geben und Lulu gehen auf Kommando. Wenn er Schweineoh­ren kaut, macht er komische Geräusche – na ja, man ist, was man isst.

Eigentlich bin ich als Musiker, Sänger und Coach ein Tausendsas­sa, aber daheim genieße ich die Stille. Mein Wohntraum ist ein Haus in Kroatien, denn das Meer ist mein absoluter Kraftort. Schon jetzt pendle ich oft hinunter, wenn ich nicht auf Tour bin. Prinzipiel­l mache ich im Leben nur mehr, was ich will. Eigentlich wollte ich immer ein Haus bauen und einen Baum pflanzen. Stattdesse­n habe ich ein Haus renoviert und einen Baum abgesägt. Aber das musste leider sein.

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„Mein Hund spiegelt mich – bin ich entspannt, ist er es auch.“Sänger Markus Neugebauer lebt in einer Wohngemein­schaft mit seinem Hund Neymar.
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