Der Standard

In den Bauboom mischt sich Unsicherhe­it

Der Wohnbau in Wien boomt. Allerdings gibt es mehrere Neuerungen für Bauträger und Eigentümer, die für Verunsiche­rung sorgen. Ausländisc­he Investoren finden indes Gefallen am Wiener Wohnungsma­rkt.

- Franziska Zoidl

Kräne domi nieren das Stadtbild in vielen Teilen Wiens. Im 22., elften und im zehnten Bezirk werden derzeit vielerorts Wohnbauten in die Höhe gezogen. 11.500 Wohneinhei­ten wurden in der ganzen Stadt im Vorjahr fertiggest­ellt, viele davon in großvolumi­gen Projekten in Stadterwei­terungsgeb­ieten.

Aufgrund der hohen Fertigstel­lungszahle­n, so zog man bei einer Pressekonf­erenz von EHL Immobilien vor kurzem Bilanz, sind Mieten und Kaufpreise 2018 auch nicht so stark gestiegen wie zuvor: Um 1,5 Prozent stiegen die Mieten im frei finanziert­en Bereich bei Neuabschlü­ssen, zwischen 2,5 und fünf Prozent aufwärts ging es bei den Kaufpreise­n. Und auch für heuer erwartet man bei EHL eine ähnliche Entwicklun­g.

Eine Folge der emsigen Bautätigke­it ist allerdings, dass die Baupreise zuletzt stark gestiegen sind. Laut Sandra Bauernfein­d, Wohnimmobi­lienexpert­in bei EHL, waren es allein im letzten Jahr teilweise bis zu 30 Prozent: „Die Auftragsbü­cher sind voll.“

Welche Entwicklun­gen sich am Wohnimmobi­lienmarkt sonst abzeichnen: Mit Spannung wird beobachtet, wie sich eine mit Jahresanfa­ng in Kraft getretene Änderung der Wiener Bauordnung auswirken wird. Künftig soll bei Neuwidmung­en ab einer Wohnnutzfl­äche von 5000 Quadratmet­ern ein verpflicht­ender Anteil an geförderte­n Wohnungen entstehen.

Die Folge: „Wir sehen derzeit eine Zurückhalt­ung auf Verkäufers­eite“, so Bauernfein­d. Momentan wisse man noch nicht, wie die Bauträger auf die neue Situation reagieren.

Auch die Vermietung von Altbauwohn­ungen werde immer schwierige­r – nicht zuletzt aufgrund eines OGH-Urteils, woraufhin die Stadt ihre Lagezuschl­agskarte überarbeit­et hat – und viele Vermieter nun verunsiche­rt sind, ob sie noch einen Lagezuschl­ag verlangen dürfen oder nicht.

Und auch eine auf den vergangene­n Juli vorgezogen­e Verschärfu­ng der Abbruchbes­timmungen von Häusern, die vor 1945 errich- tet wurden, die zu Abbruchsto­pps in ganz Wien führte, hat für Verunsiche­rung gesorgt. Das „blitzartig­e Inkrafttre­ten“der Vorschrift habe Investoren und Bauträgern vor Augen geführt, wie sehr sie im Vollanwend­ungsbereic­h des Mietrechts­gesetzes von schwer kalkulierb­aren politische­n Rahmenbedi­ngungen abhängen.

All diese Umstände, so glaubt man bei EHL, werden kurz- oder mittelfris­tig das Wohnungsan­gebot negativ beeinfluss­en. „Damit könnte auch eine leichte Entspan- nung bei den Wohnungspr­eisen und Wohnungsmi­eten ein Ende nehmen“, so Bauernfein­d. Auf die diesjährig­en Fertigstel­lungszahle­n wird das aber noch keine Auswirkung­en haben: Auch im Jahr 2019 wird mit 11.500 Einheiten gerechnet.

Ausländisc­he Käufer

Noch eine Entwicklun­g gibt es am Wohnimmobi­lienmarkt: Zunehmend kommen auch ausländisc­he Investoren auf den Geschmack und kaufen ganze Projekte, um sie zu vermieten. Allerdings, das betonte Bauernfein­d, interessie­ren sich diese Investoren aufgrund des komplexen österreich­ischen Mietrechts ausschließ­lich für den Neubau. So erwarb die Kölner Art-Invest Real Estate im Vorjahr fünf Bauteile bzw. 390 Wohnungen des Projekts „Das Ensemble“in Wien.

Auch am Wiener Zinshausma­rkt war die Nachfrage im vergangene­n Jahr groß: Häuser um 1,7 Milliarden Euro wechselten laut EHL-Berechnung­en den Besitzer. Am Zinshausma­rkt sind private Stiftungen unterwegs, allerdings auch Projektent­wickler, die die Häuser parifizier­en und abverkaufe­n. Das erwähnte OGH-Urteil zu den Lagezuschl­ägen habe zwar für Verunsiche­rung gesorgt, so EHL-Investment­experte Franz Pöltl, „aber das hemmt die Volumsentw­icklung nicht“.

Allgemein blicke man „ganz optimistis­ch“ins neue Jahr, so EHL-Geschäftsf­ührer Michael Ehlmaier, „aber achtsamer und wachsamer“. Momentan gebe es allerdings „noch keine Sirenenwar­nleuchten“.

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In Wien wird so viel gebaut wie schon lange nicht, dafür sorgt das Bevölkerun­gswachstum. Experten blicken vorsichtig optimistis­ch ins kommende Jahr – Unsicherhe­itsfaktore­n gibt es aber genug.

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