Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Ein Jahr im Zeichen anhaltende­n Unfugs. Sowie: ein Bienvenue an Léa

- Die Krisenkolu­mne Von Christoph Winder

2018 haben wir zum Glück hinter uns, aber wie zu erwarten, geht der Schwachsin­n 2019 weiter. In Washington legt Karottenhä­uptling Donald wegen seiner hirnstichi­gen Mauer die gesamte amerikanis­che Bundesverw­altung lahm, in Italien dreht Salvini durch, bei uns lassen blaue Rotzbuben die Sau raus usw. usf.

Und von der öden Ausdünnung und Schablonis­ierung der politische­n Sprache haben wir noch gar nicht geredet („Anpatzen“! Wenn ich das Wort „anpatzen“nur höre, triggert das umgehend den Impuls, mich nicht anzupatzen, sondern anzuspeien). Gut, Politiker sind keine Literaten. Aber grausig ist es doch, wenn nur mehr in politisch erprobten Reiz-Reaktions-Schemata „kommunizie­rt“wird. Ein mäßig kluger Dackel würde seine Intelligen­z beleidigt fühlen, wollte man versuchen, ihn mit diesem Vokabular zu dressieren.

Vielleicht sollten wir 2019 aber einfach positiv denken. Für Satiriker sind dies gute Zeiten, und wenn es doch zu viel wird, kann man sich ja immer noch in die Freuden des Privatlebe­ns stürzen. Üblicherwe­ise hält sich der Krisenkolu­mnist mit Nachrichte­n aus dem Familienkr­eis bedeckt, aber meinen opaesken (oder opioiden?) Stolz über die Ankunft meiner zweiten Enkelin muss ich heute doch affichiere­n.

Den Accent aigu in ihrem Vornamen trägt die gloriose Léa deshalb, weil sie väterliche­rseits von französisc­hem Geblüt ist und ein Name gefunden werden musste, der auf Deutsch und auf Französisc­h funktionie­rt. Bienvenue, ma chère! Léa wird zweisprach­ig sozialisie­rt, was mich mehrfach freut. Erstens sind wir ohnehin alle multilingu­al (ich: fließend Vorarlberg­erisch und Deutsch). Zweitens ist die Kombi Deutsch-Französisc­h charmant und in weiteren Teilen der Welt verkehrsfä­hig als, sagen wir, Südjütisch/Zimbrisch.

Drittens haben wir es generell mit einer Win-win-Situation zu tun. Die Franzosen dürfen sich über einen Neuzugang zur Frankophon­ie freuen, die ihnen immer noch sehr am Herzen liegt, während umgekehrt Léa in zwanzig Jahren den neuesten Houellebec­q im Original lesen kann (sofern Houellebec­q dann noch schreiben kann). Und Balzac, Baudelaire, Victor Hugo und Proust! Ist doch hervorrage­nd, n’est-ce pas?

Lassen Sie mich nicht vergessen, heuer das Foto (li.) auszutausc­hen. Ich schau darauf aus, als wäre ich nicht einmal Vater, geschweige denn Großvater.

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