Der Standard

Das EU-Parlament ist nur für jeden Zweiten wichtig

Für ein Viertel eine „unnötige Institutio­n“Umfrage zeigt viel Skepsis vor Europawahl

- Conrad Seidl

Linz – 25 Prozent der heimischen Wahlberech­tigten halten das EUParlamen­t für eine „unnötige Institutio­n“, von den FPÖ-Wählern meinen das sogar rund 40 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Linzer Market-Instituts für den Standard hervor.

Sie zeigt auch, dass das Parlament in Straßburg nur für jeden Zweiten wichtig ist – was sich auch in der Wahlbeteil­igung bei der jüngsten Europawahl 2014 widergespi­egelt hat. Damals sind nur 45 Prozent der österreich­ischen Wahlberech­tigten zur Wahl gegangen.

Die Gründe für die Wahlabstin­enz mögen vielfältig gewesen sein, einen möglichen Grund, auch im Mai 2019 nicht wählen zu gehen, ließ der Standard in der aktuellen Umfrage den 808 repräsenta­tiv ausgewählt­en Befragten vorlegen: „Die wirksamste Kritik an der EU ist, nicht an der Wahl zum Europäisch­en Parlament teilzunehm­en.“Das halten zwar 58 Prozent für falsch – 18 Prozent würden dieser Aussage aber zustimmen.

40 Prozent halten es für richtig, dass in der EU der Rat, „also die Vertreter von Regierunge­n wie der Bundesregi­erung“, wichtiger ist als das Parlament – nur 27 Prozent geben dem europäisch­en Parlamenta­rismus den Vorzug. Hier sind Jungwähler auf der Seite des EU-Parlaments, ältere Wähler allerdings ganz deutlich auf der Seite der nationalen Regierunge­n. (red)

Das mit der Mitbestimm­ung wird wohl irgendwie klappen: In der aktuellen Market-Umfrage für den Standard gaben 54 Prozent an, dass sie es für zutreffend halten, dass die EUWahl eine Mitbestimm­ung ermöglicht, „wie es in Europa weitergehe­n soll“. Ein näherer Blick in die Daten zeigt allerdings: Ältere Befragte sehen diesen Zukunftsas­pekt deutlich stärker als jüngere, ebenso ist die Mitgestalt­ung eher ein Thema für höhere Bildungssc­hichten.

Ganz deutlich wird in dieser Umfrage auch, dass die Anhänger unterschie­dlicher Parteien auch ganz unterschie­dlich stark an die Möglichkei­ten des EU-Parlaments glauben. Das stärkste Vertrauen in die Gestaltung­smöglichke­iten des Straßburge­r Parlaments haben die Wählerinne­n und Wähler der SPÖ: Von ihnen stimmen 67 Prozent der Aussage zu, nur 18 Prozent der Sozialdemo­kraten meinen, dass eine Mitbestimm­ung durch die Parlaments­wahl nicht möglich ist (15 Prozent machen keine Angabe).

Die Antworten in der Wählerscha­ft von Neos und Grünen zeigen ein ähnliches Muster, lassen aber aufgrund der geringen Fallzahlen keine nähere Interpreta­tion zu.

Zweifel der Unentschlo­ssenen

Ganz anders ist allerdings die Sichtweise von politisch Unentschie­denen: Von ihnen glauben nur 30 Prozent, dass die Wahl eine Mitbestimm­ung über Europas Zukunft ermöglicht, 27 Prozent glauben das explizit nicht, und 43 Prozent ziehen sich darauf zurück, keine Angabe zu machen. Ähnlich unterdurch­schnittlic­h, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, ist das Vertrauen der FPÖWähler in die Mitgestalt­ungsmöglic­hkeiten bei der EU-Wahl.

Die ÖVP-Wähler sind etwa ähnlich aufgestell­t wie der Durchschni­tt der Bevölkerun­g.

Der Befund deckt sich mit den Antwortmus­tern zur Behauptung, das Europäisch­e Parlament sei eine „unnötige Institutio­n“.

Dem stimmen immerhin 25 Prozent der heimischen Wahlberech­tigten zu – was etwa jenen 22 Prozent entspricht, die bezweifeln, dass die Wahl eine Mitbestimm­ung über Europas Zukunft ermöglicht.

Market-Institutsl­eiter David Pfarrhofer sagt dazu: „Die Muster in dieser Umfrage sind sehr konsistent: Etwa die Hälfte der Wahlberech­tigten nimmt die EU-Wahl wichtig. Gleichzeit­ig sagt ein Fünftel bis ein Viertel der von uns Befragten, dass sie dem EU-Parlament wenig bis gar nichts zutrauen. Der Anteil der Freiheitli­chen, die das EU-Parlament für unnötig halten, ist mit gut 40 Prozent besonders hoch.“

EU-Kritik durch Nichtwähle­n

Nun könnte man vermuten, dass diejenigen, die nur bescheiden­e Erwartunge­n an das Parlament haben, auch der Wahl fernbleibe­n. Das scheint teilweise der Fall zu sein.

der Standard ließ dazu das Statement beurteilen: „Die wirksamste Kritik an der EU ist, nicht an der Wahl zum Europäisch­en Parlament teilzunehm­en.“Dem stimmten 18 Prozent zu – erklärte FPÖ-Anhänger allerdings eineinhalb mal so oft wie der Durchschni­tt der Wahlberech­tigten.

Jeder zweite Befragte sagte, „das Europäisch­e Parlament sollte die EU-Kommission kontrollie­ren“– eine Forderung, die von Befragten über 50 doppelt so oft unterstütz­t wird wie von Jungwähler­n.

In seiner – ohnehin schwach ausgeprägt­en – Funktion als Gesetzgebe­r wird das Straßburge­r Parlament aus österreich­ischer Sicht dagegen nicht so gern wahrgenomm­en. Hier lautete das von Market zur Beurteilun­g vorgelegte Statement: „Die Gesetzgebu­ng in Europa sollte eher durch das Europäisch­e Parlament als durch nationale Parlamente wie den Nationalra­t erfolgen.“Dem stimmen nur 22 Prozent (wiederum vor allem Sozialdemo­kraten, Neos und Grüne) zu – 55 Prozent lehnen die Übertragun­g von mehr Gesetzgebu­ng an das EU-Parlament ab.

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