Bauern stehen beim Vermögen an der Spitze
Österreichs Landwirte haben zehnmal mehr als Angestellte
Wien – Im Zuge der geplanten Steuerreform haben die wohlhabenderen Bürger nichts zu befürchten. Auch wenn Österreich bei den Vermögenssteuern im internationalen Vergleich hinterherhinkt, lehnt die türkis-blaue Regierung derartige Steuern entschieden ab. Im Falle der Erbschaftssteuer stößt dieser Kurs auch auf breite Akzeptanz in der Bevölkerung, wie eine neue, am Montag vorgestellte Studie der Nationalbank (OeNB) zeigt.
Laut dieser Auswertung sprechen sich nur rund 20 Prozent der 3000 Befragten für die Besteuerung von Erbschaften aus. Die alte Erbschafts- und Schenkungs- steuer wurde 2008 nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofes abgeschafft. Die ablehnende Haltung hinsichtlich einer Wiedereinführung zieht sich heute quer durch alle Bevölkerungsgruppen. Einer allgemeinen Vermögensbesteuerung stehen die Befragten hingegen deutlich aufgeschlossener gegenüber.
Große Unterschiede
Erstmals im Detail aufgeschlüsselt hat die OeNB, wie groß die Vermögensunterschiede zwischen den einzelnen Berufsgruppen sind. Dabei zeigt sich: Das Nettovermögen ist bei den heimischen Bauern mit knapp 900.000 Euro mit Abstand am größten. Berücksichtigt ist dabei der Wert von Grund und Boden, Geldvermögen sowie Krediten. Die Werte beruhen auf Eigenangaben. Gefragt wurde, wie viel man für sein Vermögen im Falle eines Verkaufes bekommen würde.
Andere Gruppen kommen auf deutlich niedrigere Vermögenswerte. Das durchschnittliche Vermögen von Angestellten liegt bei einem Zehntel von dem der Landwirte. Arbeiter können sich nur etwas mehr als 30.000 Euro an Reserven erarbeiten. Selbstständige und öffentlich Bedienstete kommen immerhin auf über 200.000 Euro. (red)
Martin Bartenstein erntete seinerzeit viel Spott für seinen Sager, wonach er sich nicht als reich, sondern als „typischen Mittelständler“bezeichnen würde. Dem früheren Wirtschaftsminister, der als Pharmaunternehmer zu ordentlichem Wohlstand kam, geht es in der Selbsteinschätzung aber ähnlich wie anderen Reichen. Das zeigt eine am Montag veröffentlichte Studie der Nationalbank (OeNB) zu den Vermögensverhältnissen in Österreich. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2017.
Bei den obersten zehn Prozent (die Ökonomen sprechen vom obersten Dezil) gehen Realität und Selbstwahrnehmung am weitesten auseinander. Wer statistisch in diese Gruppe fällt, glaubt fälschlicherweise, dass 40 Prozent der Haushalte mehr haben. Theoretisch könnte es natürlich auch sein, dass diese Menschen bei der Befragung (Sampel 3000, durchgeführt von Ifes) lügen, also einfach nicht ehrlich sagen wollen, wie viel sie besitzen. Dagegen spricht aber eine andere Auswertung: Wer sich unterschätzt, ändert nämlich auch sein Sparverhalten, legt also mehr Geld zur Seite.
Grundsätzlich gibt es bei der Vermögensverteilung wenig Veränderung, sie bleibt weiterhin sehr ungleich. Das reichste Prozent besitzt 22,6 Prozent der Vermögenswerte. Dazu zählen Sachvermögen wie Immobilien und Geldvermögen. Schulden werden auf der anderen Seite abgezogen.
Millionäre schwer erreichbar
Damit haben die Allerreichsten zwar etwas weniger als bei der Befragung drei Jahre davor, die OeNB geht aber davon aus, dass diese Veränderungen nicht sehr aussagekräftig sind, weil die Multimillionäre oder gar Milliardäre in der Regel statistisch untererfasst sind. Der einfache Hintergrund dafür: Es ist schwierig, diese Personen für solche Befragungen zu bekommen. Die ärmeren 50 Prozent der Bevölkerung besitzen nur 3,6 Prozent der gesamten Vermögen, was eine geringfügige Ver- besserung gegenüber der letzten Erhebung bedeutet.
Erstmals ausgewertet hat die Notenbank, wie groß die Unterschiede zwischen den Berufsgruppen sind. Klarer Sieger in diesem Ranking sind die Bauern, mit einem Medianvermögen von 896.500 Euro. Median bedeutet: 50 Prozent haben mehr, 50 Prozent haben weniger.
Die Selbstständigen besitzen im Schnitt 254.000 Euro, die öffentlich Bediensteten mit 215.000 Euro etwas weniger. Die anderen Gruppen folgen schon mit Respektabstand. Der durchschnittliche Pensionist hat knapp 100.000 Euro, ein Angestellter 82.000 Euro und ein Arbeiter oder eine Arbeiterin nur 34.000 Euro. Alle Werte beruhen auf Eigenangaben, wie viel ein Verkauf einbringen würde.
Aus psychologischer Sicht interessant sind die Antworten bei Fragen, wie man steuerlich mit Vermögen umgehen sollte. Die Wiedereinführung einer Erbschaftssteuer findet sowohl bei den Reicheren als auch bei den Ärmeren kaum Anklang. Offenbar haben auch diejenigen, die wahrscheinlich gar nicht betroffen wären, Angst vor einer solchen Steuer. Die ablehnende Haltung der Regierung und die zögerlichen Antworten von SPÖChefin Pamela Rendi-Wagner bei diesem Thema machen vor diesem Hintergrund aus politstrategischer Sicht also durchaus Sinn.
Mit Arbeit zu Vermögen?
Fragt man allerdings ganz allgemein „Sollte Vermögen besteuert werden?“, dann sind die Befragten deutlich aufgeschlossener. Bei den kleineren Vermögen stimmt eine absolute Mehrheit der Aussage zu, immerhin 44 Prozent sind es aber auch bei der reicheren Bevölkerungsgruppe. Die Menschen halten also offenbar das aktuelle Steuersystem für ungerecht, sehen in einer Erbschaftssteuer aber nicht die Lösung für dieses Problem.
Wesentlich inhomogener ist die Einschätzung, wie leicht es in Österreich ist, durch „harte Arbeit“ zu Vermögen zu kommen. Zusammengefasst lässt sich sagen: Jene, die es geschafft haben, Vermögen aufzubauen, stimmen der Aussage zu. Wer wenig oder nichts hat, glaubt auch nicht, dass sich mit harter Arbeit etwas an seiner Situation ändern ließe.
Wer bereits auf finanzielle Reserven zurückgreifen kann, hält es auch eher für sinnvoll, den Konsum über Schulden anzukurbeln. Wobei man aber auch sagen muss: Allzu hohe Zustimmung findet Schuldenmachen bei keiner Einkommensgruppe.
Dieser eher vorsichtige Zugang spiegelt sich auch bei den Statistiken über die Verschuldung wider. Im Schnitt sind die Österreicher nur mit ein paar Tausend Euro an klassischen Konsumkrediten verschuldet, die Unterschiede zwischen den oberen und unteren Vermögensgruppen sind hier gering. Besicherte Immobilienkredite spielen erst ab dem Mittelbau eine Rolle, die durchschnittliche Verschuldung liegt aber bei allen Dezilen unter 100.000 Euro.