Der Standard

Aus der Haft ins Management

Kritik an Sozialunte­rnehmen wegen Einstellun­g eines Exfinanzjo­ngleurs

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Feldkirch – S. war groß im Sportspons­oring tätig, hatte ein Firmengefl­echt in Liechtenst­ein und der Schweiz. Niki Lauda führte die drei Buchstaben der Money Service Group auf seinem Kapperl spazieren. Bis ruchbar wurde, dass der deutsche Finanzjong­leur Scheingesc­häfte mit Finanzprod­ukten gemacht und zahlreiche Anleger betrogen hatte.

Das große Geschäft endete mit einer Verurteilu­ng zu sieben Jahre Haft wegen schweren gewerbsmäß­igen Betrugs durch das Landesgeri­cht Liechtenst­ein 2012 und einer weiteren Haftstrafe von einem Jahr in der Schweiz, die 2018 rechtskräf­tig wurde. Schadensum­me: 80 Millionen Euro.

Heute scheint S., er trägt nun einen anderen Vornamen, geläutert zu sein. Er arbeitet beim Vorarlberg­er Sozialunte­rnehmen In- tegra als Bereichsle­iter Personalen­twicklung. Und macht dort einen guten Job, „hat sich hochgearbe­itet“, wie Geschäftsf­ührer Stefan Koch betont. Und: „Er hat nichts mit Finanzen zu tun.“

Nun kamen aber durch eine parlamenta­rische Anfrage des NeosAbgeor­dneten Gerald Loacker Zweifel auf, ob S. alle Strafen bereits abgesessen hat und für eine Führungspo­sition geeignet ist. „Direkt aus Haft in Führungspo­sition mit Budgetvera­ntwortung“, erscheint Loacker „eigenartig“.

Seine Zweifel teilt auch AK-Vizepräsid­entin Manuela Auer (SPÖ). Die Arbeiterka­mmer ist mit 38,2 Prozent größte Gesellscha­fterin von Integra. Auer: „Integra ist eine äußerst wichtige Einrichtun­g, die unter anderem Langzeitar­beitslosen bei der Wiedereing­liederung hilft und dafür auch Förderunge­n vom AMS erhält. Umso wichtiger ist es, dass gerade Integra die soziale Verantwort­ung ernst nimmt.“

Auer wie Loacker sind sich einig, dass jeder Mensch nach einem Fehler eine zweite Chance verdiene. „Allerdings nur, wenn alle Vorwürfe aus dem Weg geräumt werden“, sagt Manuela Auer. So müsse Integra überprüfen, ob S. in der Schweiz noch eine Haftstrafe offen habe.

Bei der Einstellun­g von S. habe sich Integra auf die Angaben seines Anwalts verlassen, sagen Koch und AK-Direktor Rainer Keckeis. Man werde diese Angaben prüfen lassen. Keckeis sieht die bevorstehe­nde AK-Wahl als Auslöser für die Aufregung um S. Im Übrigen trage die Arbeiterka­mmer keine Verantwort­ung für das operative Geschäft von Integra. (jub)

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