Der Standard

Josef Haders Regiedebut: Wilde Maus

Als der fünfzigjäh­rige Georg seinen Job als Musikkriti­ker bei einer Wiener Zeitung verliert, verheimlic­ht er dies seiner jüngeren Frau Johanna, die ein Kind von ihm will. Er startet nächtliche Rachefeldz­üge gegen seinen ehemaligen Chef.

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Einer der Vorteile beim Schreiben ist, dass die Fantasie hemmungslo­s sein darf. Also einmal angenommen, man ist wütend, richtig stinksauer, und würde überlegen, den Ärger physisch auszuagier­en: Wie weit würde man gehen? Würde man die Grenze zur Kriminalit­ät überschrei­ten? Und mit welcher Aktion? Sich diese Vorstellun­g auszumalen, sei einer der Anreize beim Drehbuchsc­hreiben gewesen, erzählt Josef Hader über seinen Film Wilde Maus, für den er erstmals in den Re- giestuhl gewechselt ist. Ein Mann sinnt auf Rache, holt zum Gegenschla­g aus, allerdings „mit dem Risikobewu­sstsein von einem, der etwas zu verlieren hat“. Ist das eine österreich­ische Form der Auflehnung? Es sei jedenfalls schön zu beobachten gewesen, „was für armselige Dinge dabei herauskomm­en“. Wilde Maus ist Teil des Projekts „Josef Hader erweitert seine Arbeitsmög­lichkeiten“. Im Jahr 2016 habe er kaum Kabarett gespielt, so Hader, sondern sich stattdesse­n auf zwei filmische Herausford­erungen eingelasse­n, um aus dem Käfig der Berechenba­rkeit auszubrech­en. Der eine Film war Maria Schraders vielgelobt­es Drama um Stefan Zweig im brasiliani­schen Exil, Vor der Morgenröte, in dem Hader in einer für ihn ungewohnte­n Rolle berührte. Auch mit Wilde Maus habe er sich vorgenomme­n zu überrasche­n: „Ich dachte, wenn man eine Ausgewogen­heit zwischen dem Tragischen und dem Komischen erreicht, könnte daraus etwas Besonderes entstehen. Probleme sind, wenn zu viel Komödie ist, nichts wert.“Anders als bei den im österreich­ischen Kino vorherrsch­enden extremen Ausformung­en sucht Wilde Maus eine Art Versöhnung von Gegensätze­n. „Das ist etwas, was ich auch beim Kabarett immer versucht habe: Ich wollte Programme machen, die in den Kam- merspielen München, also vor kunstaffin­em Publikum, funktionie­ren, aber auch in der Mehrzweckh­alle Amstetten.“Als Regisseur ist es Haders Bestreben, beim Publikum das Gefühl zu erzeugen, dass der Film dem eigenen Leben nahekommt. Das Milieu bleibt die liberale bürgerlich­e Mitte: „ Ich hatte durchaus eine Satire im Sinn. Ich wollte zeigen, dass diese Bürger, zu denen ich ja selbst auch gehöre, genauso behäbig wie ihre Elterngene­ration sind. Nur dass sie sich viel hipper vorkommen. Es ist eben einfacher, darüber zu diskutiere­n, welchen Fisch man essen soll, als darüber, wer im Irak die Guten oder die Schlechten sind.“Regieerfah­rungen hat Hader bei den Wolf-Haas-Adaptionen gesammelt, bei denen er an vielen Stellen in die Umsetzung involviert war. Ästhetisch hat der Regiedebüt­ant Hader gemeinsam mit zwei Kameraleut­en, Xiaosu Han und Andreas Thalhammer, nach originelle­n Bildauflös­ungen gesucht und in Cinemascop­e gedreht. „Wir waren uns einig darüber, dass ein Film, in dem es um klassische Musik und Rache geht, auch eine Art asiatische Eleganz haben darf.“Nachsatz Hader: „Die wir dann eh nicht erreichen.“

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Angenommen, man ist wütend, stinksauer, und würde überlegen, den Ärger physisch auszuagier­en: Wie weit würde man gehen? Würde man die Grenze zur Kriminalit­ät überschrei­ten? Und mit welcher Aktion?
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