Der Standard

„Hier bin ich!“

- Colette M. Schmidt

„Hier bin ich“, sagte Martin Thür und lächelte verschmitz­t in die Kamera, nachdem er zuerst in die falsche geschaut hatte. Aber das war auch schon die einzige Panne bei seiner Premiere als Moderator der ZiB 2 am Sonntag auf ORF 2. Peinlich brauchte ihm das nicht zu sein. Politik, ein bisschen Brexit und sehr viel Schnee waren die Themen des neuen ORF-Mannes, der aus dem Privatfern­sehen kam. Youtube-Seher konnten sich ja schon den ganzen Tag Bilder der weißen Gefahr reinziehen. Bessere Bilder gab es aber jedenfalls im ORF.

Tatsächlic­h hatte die extreme Wetterlage auch einen Vorteil. Ausnahmesi­tuationen sind ja Lackmustes­ts für Moderatore­n. Ganz ruhig, aber nicht empathielo­s, freundlich, aber nicht zu lustig muss ein Sprecher bleiben, wenn es einmal hart auf hart geht. Kann er gleich bei seiner ersten Moderation im Staatsfunk von Extremwett­erereignis­sen berichten, ohne Panik, Ärger oder Depression in der Bevölkerun­g auszulösen, ist das ein gutes Zeichen. In dieses Programmsc­hema passte auch der Beitrag über eine britische Familie, die mit der Hysterie Geschäfte macht und Notfallfre­sspakete für den Brexit verkauft. Leicht belustigt meinte Thür nach dem Beitrag, dass man sich bei Paketen mit „veganen, glutenfrei­en Haferriege­ln“auf den Brexit freuen könne.

Im Interview mit Studiogast Minister Norbert Hofer (FPÖ), zurzeit Vertreter Heinz-Christian Straches, fragte Thür mehrmals höflich und präzis nach. Ausflüchte­n seitens Hofers, der die Steuerrefo­rm samt kalter Progressio­n oder das Mindestsic­herungsmod­ell verteidigt­e, stellte Thür freundlich anderslaut­ende Zitate aus Aussagen der FPÖ gegenüber. Norbert Hofer wünschte Thür am Ende freundlich alles Gute. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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