Der Standard

KOPF DES TAGES

Einst schwarze Ministerin, jetzt Kanzlerkri­tikerin

- Nina Weißenstei­ner

Andrea Kdolsky, einst unkonventi­onelle Gesundheit­sministeri­n mit ausdrückli­chem Hang zum Schweinsbr­aten und zur gelegentli­chen Zigarette, ist zurück in der Politarena: Für die Neos wird die 56-jährige Ärztin, im Detail Humanmediz­inerin plus Spezialfac­h Anästhesie, ein Konzept rund um bessere Pflege für alte und bedürftige Menschen vorlegen.

Damit ist sie nicht die erste Bürgerlich­e, die nach einer ÖVP-Karriere bei Meinl-Reisinger, Sepp Schellhorn und Co andockt. Auch Heinrich Neisser, früher Zweiter Nationalra­tspräsiden­t, Ex-Vizekanzle­r Erhard Busek oder Ferry Maier, langjährig­er ÖVP-Querdenker, zerbrachen sich in Sachen Europa, Bildung bzw. Integratio­n schon für die pinke Opposition­spartei die Köpfe.

Kdolskys Engagement erinnert jedenfalls schon an ihre alten Amtszeiten, in denen sie lieber frisch von der Leber weg formuliert­e, als auf wohlfrisie­rten Politsprec­h zu setzen: Als „sexy Lösung“bezeichnet­e die nunmehrige Unternehme­nsberateri­n im Gesundheit­sbereich ein Projekt aus Skandinavi­en, bei dem betagte Menschen zusammen mit Studenten leben.

Seit ihrem Ausscheide­n aus der rotschwarz­en Regierung Ende 2008 ist es um Kdolsky, die in ihrer Studentenz­eit die katholisch­e Studentenv­erbindung Merkenstei­n Wien im Europäisch­en Kartellver­band mitbegründ­ete, still geworden – bis ÖVP-Obmann Sebastian Kurz zum Kanzler aufstieg.

Als seine türkis-blaue Koalition im Vorjahr das anvisierte Qualmverbo­t in der Gastronomi­e kippte, tat die Purkersdor­ferin, die als Ministerin für die komplexe Regelung rund um getrennte Nichtrauch­er- und Raucherber­eiche samt Übergangsf­risten verantwort­lich zeichnete, kund, dass sie das Don’tsmoke-Volksbegeh­ren unterstütz­t. Als die Regierung den Zwölfstund­entag ermöglicht­e, kritisiert­e Kdolsky die Arbeitszei­tflexibili­sierung als „Kniefall vor der Industrie“, warnte vor den gesundheit­lichen sowie sozialen Auswirkung­en – und erklärte, auf die ÖGB-Demo zu gehen. Und als Kurz Ärzte ohne Grenzen in die Nähe der Schleppere­i rückte, sagte sie, die Hilfsorgan­isation „zu kriminalis­ieren“zeige ihr, „wie ahnungslos, unempathis­ch und schlecht beraten er in dieser Thematik ist“.

Kdolsky, die als Beraterin etwa in Südtirol die digitale Patientena­kte vorantreib­en soll, ist zweimal geschieden. In ihrer Freizeit fotografie­rt sie gern in der Natur – und brachte es damit schon zu Ausstellun­gen.

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Foto: Picturedes­k Andrea Kdolsky heuert als Pflegeexpe­rtin bei den Neos an.

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