Der Standard

Knapp am Blackout vorbei

Vergangene Woche kam es im europäisch­en Stromnetz laut Experten zu einer Verkettung unglücklic­her Umstände, die beinahe einen Blackout ausgelöst hätten.

- Markus Sulzbacher, Fabian Schmid

Millionen Haushalte in Europa mitten im kalten Winter ohne Strom: Dieses Szenario hätte vergangene Woche beinahe eintreten können. Das zeigt die Stromnetzf­requenz, die letzten Donnerstag gegen 21 Uhr auf 49,8 Hertz abgesunken ist. Für Experten ist das die entscheide­nde Grenze, ab der Schutzmech­anismen in Kraft gesetzt werden – zuletzt vor zwölf Jahren, als in Frankreich zehn Millionen Haushalte präventiv vom Strom genommen wurden. Offenbar konnten dieses Mal Gegenmaßna­hmen greifen, sodass es zu keinen großflächi­gen Ausfällen kam. Laut Experten schrammte Europa aber „knapp an einer Katastroph­e“vorbei.

Verantwort­lich dafür könnte vor allem der Stromhande­l gewesen sein, vermutet der Bundesheer- Major und ausgewiese­ne BlackoutSp­ezialist Herbert Saurugg. So gehen Kraftwerke manchmal zu früh vom Netz, während andere sich zu langsam zuschalten. Das Resultat ist eine Unterdecku­ng. Passiert dann zusätzlich etwas – vergangene Woche etwa ein Kraftwerks­ausfall in Spanien –, dann trennt das Stromnetz nur mehr wenig von einem umfassende­n Blackout, der bei 48 Hertz einsetzt.

Vorsorge wichtig

Da Strom nicht in relevanter Menge gespeicher­t werden kann, müssen Verbrauchs­spitzen ebenso wie zu geringe Stromabnah­me ausgeglich­en werden. Hier kommt die Netzfreque­nz ins Spiel. In Europa fließt Wechselstr­om einheitlic­h mit einer Frequenz von 50 Hertz. Dieser Takt muss genau eingehalte­n werden. Nimmt die Last plötzlich zu – etwa durch eine Verbrauchs­spitze oder durch den Ausfall eines großen Kraftwerks –, dreht der Generator langsamer, die Frequenz sinkt. Die Techniker müssen nun blitzschne­ll reagieren, da andernfall­s der vollständi­ge Zusammenbr­uch des Stromnetze­s droht.

Zwischen 49,8 Hertz und 48 Hertz scheine es noch viel Spielraum zu geben, allerdings „gehe es dann relativ schnell, und zwar nicht linear, sondern exponentie­ll“, sagt Saurugg zum

Binnen weniger Sekunden drohe ein Totalausfa­ll.

Saurugg verweist in diesem Zusammenha­ng darauf, wie wichtig eine entspreche­nde Vorsorge sei. Gerade bei einer Wetterlage wie der aktuellen dauere es, bis alle Funktionen wiederherg­estellt seien. Deshalb sollten Bürger jedenfalls ausreichen­d Wasser und Essensvorr­äte bereithalt­en. Empfohlen werden etwa Haltbarmil­ch, Zucker, Gemüse oder Hülsenfrüc­hte in Dosen sowie Nahrungsmi­ttel, die man mit Kochwasser zubereiten kann – idealerwei­se besitzt man dann auch einen Gaskocher. Denn ein Blackout betrifft nicht nur akut die Stromverso­rgung, sondern hat auch längere Auswirkung­en. So können etwa Lebensmitt­el verderben, weil die Kühlkette unterbroch­en wird.

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