Niemand glaubte an einen Erfolg der Premierministerin
Unterhaus stand am Dienstag im Zeichen des Brexit-Deals
London – Zwischen dem britischen Parlament und Westminster Abbey in London herrschte am Dienstag Ausnahmestimmung auf den Straßen. Auf der einen Seite die Brexit-Gegner, die emotional „No Brexit“skandierten. Nur wenige Meter weiter die Befürworter, die den britischen Parlamentariern „Austritt heißt Austritt“entgegenriefen. Drinnen im Parlament sollte nach einer Verschiebung im Dezember und einer hitzigen Debatte endlich über den von Premierminister Theresa May verhandelten Austrittsvertrag aus der Europäischen Union abgestimmt werden. An einer Zustimmung für Mays Deal bestanden schon vorher erhebliche Zweifel.
Es war also eine Art „mission impossible“, der sich die britische Premierministerin stellte. In den Tagen zuvor hatte May die Abgeordneten noch intensiv bekniet, sich die Dimension ihrer Entscheidung klarzumachen. Die Geschichtsbücher würden urteilen, ob die Parlamentarier letztlich tatsächlich „unsere Wirtschaft, und unsere Sicherheit“beschützt oder vielmehr das britische Volk im Stich gelassen hätten.
Vier Änderungsanträge
Bevor die 650 Abgeordneten Gelegenheit zur Abstimmung bekommen sollten, stand allerdings noch eine Reihe von Änderungsanträgen auf der Tagesordnung. Vier davon ließ Unterhaus-Speaker John Bercow letztlich zu: Zunächst den der Labour Partei, der den May-Deal sowie einen Austritt ohne Abkommen ablehnt und eine Alternative forderte. Außerdem kamen die schottischen und walisischen Abgeordneten zum Zug, die eine Verlängerung der Austrittsverhandlungen nach Artikel 50 forderten. Zwei konservative Anträge, die Konkretisierungen zum umstrittenen Backstopp an der irisch-britischen Grenze forderten, kamen ebenfalls zur Abstimmung. Nicht zugelassen wurde der Antrag der europafreundlichen Liberaldemokraten, der ein zweites Referendum über die EU-Mitgliedschaft im Sinn hatte. Die Ergebnisse aller Abstimmungen standen zu Redaktionsschluss noch nicht fest.
Für die weiteren Schritte in der unendlichen Brexit-Geschichte galt am Dienstag vor allem die Höhe der Abstimmungsniederlage als entscheidend. Es wurde damit gerechnet, dass May weitere Gespräche mit der EU sucht, um den Deal oder zumindest die ergänzende Erklärung noch anzupassen. Das Parlament hatte schon vorher entschieden, May nur drei Tage Zeit für einen Plan B zu geben. (mhe) Brexit in Straßburg, S. 4