Der Standard

EU-Wahl mit Briten „nicht vorstellba­r“

EVP- Spitzenkan­didat Weber will sofort Gespräch über Zeit nach Brexit

- Thomas Mayer aus Straßburg

Nicht nur im Unterhaus in London, auch in und am Rande der regulären Plenarsitz­ung des Europäisch­en Parlaments drehte sich am Dienstag in Straßburg alles um den Brexit. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz war aus Wien angereist, um über Österreich­s EU-Vorsitz in den vergangene­n sechs Monaten Bilanz zu ziehen.

Die Union habe sich nichts vorzuwerfe­n, sagte Kurz, der EU-Austrittsv­ertrag für die Briten sei „ausgewogen“, man habe die Einheit der EU-27 gewahrt. Nun seien aber die Briten am Zug. Bei einem Nein zu dem mit Premiermin­isterin Theresa May ausgehande­lten Brexit-Deal im Unterhaus würden die nächsten Wochen „sicher schwierig“, glaubt der Kanzler, aber es könnte in London zu einem Umdenken kommen.

Bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem Fraktionsc­hef und Spitzenkan­didaten der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), Manfred Weber, der gute Chancen hat, nach einem Erfolg bei den EU-Wahlen im Mai nächster Kommission­spräsident zu werden, zeigte sich Kurz offen für weitere Gespräche der EU-27 mit May. Der EU-Austrittsv­ertrag solle so bleiben, wie er ist, meinte er, ob es zusätzlich­e Vereinbaru­ngen oder ein zweites Referendum gebe, werde man abwarten müssen.

Weber sprach sich sehr deutlich dagegen aus, die Frist für den Brexit über den 29. März hinaus zu verschiebe­n, um Zeit zu gewinnen. Für ihn sei „nicht vorstellba­r“, dass Großbritan­nien im Mai an den EUWahlen teilnehme, sagte er auf die Frage, was das für den möglichen Start „seiner“Kommission ab Juli bedeute. Man müsse sich vielmehr darauf konzentrie­ren, wie das künftige Verhältnis von EU und Großbritan­nien aussehe. London müsse endlich sagen, was es wolle, dann könnte man sofort beginnen zu verhandeln, um den Brexit zeitgerech­t über die Bühne zu bringen.

Lob und Tadel

Kurz erklärte, die neue Kommission solle die Zukunft der Union gestalten können. Es sollten dabei nur jene teilnehmen, „die das auch wollen, nicht die, die sich geistig schon verabschie­det haben“. In der Plenardeba­tte zum österreich­ischen EU-Vorsitz gab es viel Lob der EVP und der Konservati­ven für profession­elle Sacharbeit, Tadel von Sozialdemo­kraten, Grünen, Linken zur Ablehnung des UN-Migrations­pakts.

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