Der Standard

Zukunft der EU in digitalen Zeiten

Podiumsdis­kussion an Uni Wien ging der Frage nach, was Europa eint

- Manuela Honsig-Erlenburg

What have the romans ever done for us?“Auf diese legendäre und rhetorisch­e Frage aus Das Leben des Brian fielen den Widerstand­skämpfern im Film zu ihrem Verdruss dann doch viele Antworten ein. Ähnlich, so fanden die Diskutante­n am Panel des Audimax letztlich, ergeht es einem auch mit der EU, wenn man genauer hinsieht. In jedem Fall habe die EU die weltweit offensten und liberalste­n Gesellscha­ften, sei nach wie vor ein einzigarti­ges Projekt des Wohlstands, des Friedens und der Demokratie, auch wenn sich Bruchlinie­n auftäten.

Zu Beginn fiel in der Diskussion zum Thema „Was eint Europa“aber vor allem Trennendes auf. Unter Moderation von

-Chefredakt­eur Martin Kotynek stellten die Panelgäste die Diagnose, dass Europa am Vorabend des Austritts der Briten am Scheideweg stehe. Europa wäre in seiner Reformfähi­gkeit überschätz­t worden, was man an den Beispielen von Schengen und dem Euro gut nachzeichn­en könne, meinte Martin Kocher, Leiter des Instituts für Höhere Studien. Die raschen Veränderun­gen in einer digitalen Welt würden außerdem bewirken, dass alte politische Konzepte nicht mehr funktionie­rten und europaskep­tische Parteien in Wahlen erfolgreic­h seien. Neue, digitale Möglichkei­ten der politische­n Kommunikat­ion über soziale Medien würden die Art verändern, wie Demokratie funktionie­re, warnte Gerda Falkner vom Institut für Europäisch­e Integratio­nsforschun­g. Damit könne sich ein „Wir gegen die anderen“gegenüber einem lösungsori­entierten Politiksti­l durchsetze­n, so Falkner. Schriftste­llerin Maja Haderlap sprach von einer „Mode des Zerstörens“. Auch deshalb sei die EU-Wahl im Mai von großer Bedeutung für die Zukunft Europas, betonte die EU-Aktivistin und Studentin Nini Tsiklauri.

Vor allem die Politiker seien in die Pflicht zu nehmen. Neben dem europäisch­en Einigungsw­erk müssten sich die handelnden Politiker auch wieder stärker auf das nationale Einigungsw­erk konzentrie­ren, mahnte Altbundesk­anzler Franz Vranitzky, in dessen Amtszeit der EU-Beitritt Österreich­s fiel. Demokratie sei keine Selbstvers­tändlichke­it, betonte er mit Blick auf „besorgnise­rregende Entwicklun­gen“wie in Polen oder Ungarn: „Es muss unser größtes Anliegen sein, die Zivilgesel­lschaft zu erhalten.“

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