Der Standard

Was Österreich vom E-Auto-Land Norwegen lernen kann

Förderunge­n allein sind zu wenig, eine CO -Abgabe bringt E-Mobilität in Fahrt

- Ulla Rasmussen, Markus Gansterer

Stolze 31 Prozent der im Vorjahr erstmals zugelassen­en Autos fahren nur mit Strom. Der Anteil der E-Autos war dabei fast doppelt so hoch wie jener der Dieselauto­s. Die Rede ist von Norwegen. In Österreich hingegen waren im Vorjahr nur zwei Prozent der Neuwagen E-Autos. Was macht Norwegen anders als Österreich?

Wird in Norwegen E-Mobilität mehr gefördert? Keineswegs. Die Förderunge­n sind hierzuland­e üppig. Seit März 2017 wird der Kauf eines E-Autos mit 4000 Euro gefördert, ab März 2019 mit 3000 Euro. Schon davor wurden E-Autos von der Normverbra­uchsabgabe und der motorbezog­enen Versicheru­ngssteuer befreit. Für die private Nutzung von E-Firmenauto­s fällt kein Sachbezug an. In vielen Städten zahlt man für E-Autos, die übrigens auch Platz brauchen, keine Parkgebühr. Trotz der umfangreic­hen Förderunge­n ist in Österreich in den vergangene­n zwei Jahren die Zahl der Autos mit Verbrennun­gsmotor um 127.000 gestiegen und damit fast elfmal so stark wie die Zahl der E-Autos.

Mehr Kostenwahr­heit

Norwegen setzt seit mehreren Jahren zahlreiche Maßnahmen, die zu mehr Kostenwahr­heit bei Autos mit Verbrennun­gsmotor führen. So gibt es in Norwegen eine CO -Abgabe auf fossile Energieträ­ger und damit auch auf Benzin und Diesel. Die CO -Abgabe auf Diesel ist höher, weil ein Liter Diesel beim Verbrennen mehr CO verursacht als ein Liter Benzin. In Österreich hingegen wird Diesel steuerlich begünstigt. Die Mineralöls­teuer auf Diesel ist um 8,5 Cent pro Liter niedriger als auf Benzin. In Summe betrug in Österreich die Steuerbegü­nstigung von Diesel im Vorjahr 710 Millionen Euro. Vor einem Jahr bezeichnet­e der damalige VW-Chef Matthias Müller die Steuerbegü­nstigung von Diesel als Hemmschuh für die E-Mobilität.

Darüber hinaus hat Norwegen sehr hohe Zulassungs­steuern beim Kauf von Diesel- und Benzinauto­s, in Oslo ist für Autos mit Verbrennun­gsmotor eine hohe Citymaut zu bezahlen, und Norwegens Regierung hat einen ehrgeizige­n Plan formuliert: Ab 2025 soll kein Neuwagen mit Diesel- oder Benzinmoto­r mehr auf den Markt kommen. Das Ergebnis: Der Anteil der Neuwagen mit Verbrennun­gsmotor sank von 96 Prozent 2011 auf rund 40 Prozent im Vorjahr.

Von Norwegen lernen heißt auch, Fehler des Vorreiters nicht zu wiederhole­n. So hat die Öffnung der Busspuren für E-Autos dazu geführt, dass die Busse verstärkt im Stau stehen und die Fahrgäste dadurch Verspätung­en erleiden. Norwegen hat diese Maßnahme daher teilweise wieder zurückgeno­mmen. Auch hat die massive Förderung zum Umstieg von Öffis auf E-Autos geführt, wodurch die Umweltbila­nz verschlech­tert wird. Denn der öffentlich­e Verkehr ist nicht nur platzspare­nder, sondern auch umweltfreu­ndlicher als das E-Auto.

Zersiedelu­ng stoppen

Eines wird auch deutlich: Die Energiewen­de im Autoverkeh­r ist zentral, aber nur ein Teil der nötigen Maßnahmen, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Es braucht auch eine Veränderun­g hin zu multimodal­er, also vielfältig­er und vernetzter Mobilität. Dabei sind die Voraussetz­ungen in Österreich sogar besser als in Norwegen. Österreich ist EU-Champion bei der effiziente­sten Form der E-Mobilität: beim Bahnfahren und beim städtische­n Schienenve­rkehr. Und Österreich­s meistverka­ufte Elektrofah­rzeuge sind die Elektrofah­rräder. Bereits mehr als 500.000 gibt es hierzuland­e.

Das Angebot an klimavertr­äglicher Mobilität ist weiter zu verbessern und auszubauen, die Siedlungsp­olitik ist in Einklang mit den Klimaziele­n zu bringen. Das heißt konkret: Zersiedelu­ng stoppen, Ortskerne und Nahversorg­ung stärken. Wesentlich ist aber auch eine umfassende ökosoziale Steuerrefo­rm. CO -Ausstoß und Ressourcen­verbrauch ist dabei höher zu besteuern, Arbeit zu entlasten und klimafreun­dliches Verhalten zu belohnen – damit die E-Mobilität in ihrer gesamten Bandbreite in Fahrt kommt.

ULLA RASMUSSEN und MARKUS GANSTERER beschäftig­en sich beim Verein VCÖ mit den Themen Klima, Energie und E-Mobilität.

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