Inter zwischen Ruhm und Rumoren
Außenseiter Rapid empfängt in der Europa League heute Inter Mailand. Herbert Prohaska kennt den berühmten Gast mit all seinen Höhen und Tiefen.
Inter Mailand hat am Mittwochabend auf das Abschlusstraining im Allianz Stadion, das in der Europa League Weststadion heißt, verzichtet. Man übte am Vormittag daheim in Italien. Es hat lediglich ein sogenannter „Walkabout“stattgefunden, Spieler und Trainer Luciano Spalletti schlenderten über Rapids Rasen. Mit mangelnder Wertschätzung hatte das nichts zu tun, Hangbefahrungen sind im Skisport, aber niemals im Fußball, ausschlaggebend. Spalletti versicherte, großen Respekt vor Rapid, dem souveränen Tabellenachten in Österreichs Liga, zu haben.
Noch vor ein paar Tagen drohte dem 59-Jährigen der Rauswurf, vor der Serie-A- Partie in Parma sagte er: „Auf dem Spiel steht das Schicksal des Klubs und unserer Karrieren.“Das Schicksal war gnädig, Inter gewann 1:0, festigte Platz drei und ermöglichte Spalletti die Fortsetzung seiner Karriere und den Ausflug nach Wien. Anpfiff ist heute um 18.55 Uhr.
Herbert Prohaska ist Jahrhundertfußballer und Experte für vieles, unter anderem für den 18-fachen Meister Inter Mailand. Von 1980 bis 1982 hat er dort gekickt. „Inter ist einer der größten Klubs der Welt, überall populär, das spürte ich damals, das spürt man heute noch.“Der Druck sei enorm, die Erwartungshaltung mitunter ausufernd. „Lockerer war es für mich dann bei der AS Roma. Ein Titel im Süden ist genauso viel wert wie zehn im Norden.“
Inter, so Prohaska, habe den Zug verpasst. 2010 wurde die Champions League gewonnen, im Jahr darauf der nationale Cup, seither herrscht Ebbe. Rapid ist übrigens seit 2008 titellos. Prohaska: „Die englische Premier League steht weit drüber, die besten Spiele sind dort. Oder bei Real Madrid, Barcelona und jetzt auch in Paris.“Einzig Juventus Turin dürfte den Turnaround geschafft haben. „Die Verpflichtung von Ronaldo war ein Zeichen.“Inter ist seit 2016 in chinesischem Besitz, Präsident ist der erst 27-jährige Steven Zhang. Prohaska kennt ihn nicht, das gilt vice versa. „Natürlich ist die Identität etwas verloren gegangen, aber dieses Phänomen ist ja überall zu beobachten. Auch bei den Spielern war es ganz anders. Ich war der einzige Legionär, die 25 anderen waren Italiener. Jetzt ist es genau umgekehrt.“
Rapids Ausgangslage sei nicht so übel. Prohaska bemüht eine Floskel: „Sie haben ja nichts zu verlieren. Zeigt Rapid sein europäisches Gesicht, ist ein gutes Ergebnis möglich.“Spalletti dürfte einige Stars schonen. Topstürmer Mauro Icardi (25) gehört nicht einmal dem Kader an, dem Argenti- Herbert Prohaska schaut sich Rapid erst am Sonntag gegen Hartberg im Stadion an. nier und vor allem seiner Frau, die ihn managt, werden Abwanderungsgelüste nachgesagt, die Vertragsverhandlungen sind ein Strudelteig. Als Kapitän wurde Icardi abgesetzt. Die Ultras fielen zuletzt extrem negativ auf, Napolis Verteidiger Kalidou Koulibaly wurde mit Affenlauten verhöhnt, bei Straßenschlachten gab es einen Toten, der Verein fasste zwei Geisterspiele aus. Prohaska: „Das ist einfach nur krank. Generell sind diese sogenannten Fans aber nicht blöder als anderswo.“
Bei Rapid hat man beschlossen, sich zu freuen. Verteidiger Mario Sonnleitner sagt: „Die haben auch nur zwei Beine, zwei Arme, einen Kopf. Wir dürfen uns nicht kleinmachen, müssen mutig sein.“Prohaska wird am Donnerstag nicht im Stadion sein, er hat stressige Tage im Cup vor sich. Freitag GAK gegen Austria in Graz, Samstag LASK gegen St. Pölten in Pasching, Sonntag Rapid gegen Hartberg in Wien. „Man soll im Leben nichts übertreiben.“