Der Standard

Vorstand in der Zwickmühle

Schwierige Auskunftsk­lagen gegen Eigentümer

- Martin Frenzel

Zur Verhinderu­ng der Geldwäsche und Terrorfina­nzierung trat Anfang 2018 das „Wirtschaft­liche Eigentümer Registerge­setz (WiEReG)“in Kraft. Es schafft ein Register der wirtschaft­lichen Eigentümer von Gesellscha­ften und anderen juristisch­en Personen – kurz von „Rechtsträg­ern“.

Wirtschaft­licher Eigentümer ist jene natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle ein Rechtsträg­er letztlich steht. Für die Befüllung und laufende Aktualisie­rung des Registers unterliege­n die Rechtsträg­er verschiede­nen Nachforsch­ungs-, Prüf- und Meldepflic­hten. Geben Eigentümer sich nicht zu erkennen und kommen so ihren Pflichten zur Informatio­nserteilun­g und Mitwirkung nicht nach, gerät das Management in eine Zwickmühle.

Die Führungseb­ene hat zumindest jährlich mit „angemessen­en Maßnahmen“den wirtschaft­lichen Eigentümer des Rechtsträg­ers festzustel­len. Dabei ist sie hochgradig auf die Mitwirkung der direkten und indirekten Eigentümer angewiesen. Denn ob eine Gesellscha­fterstellu­ng auf eigene Rechnung oder treuhändig für einen Dritten besteht, erschließt sich aus den in- und ausländisc­hen Firmenbüch­ern nicht. Nicht selten lassen Eigentümer die notwendige­n Informatio­nen nur knapp, ausweichen­d, unvollstän­dig oder gar nicht eintrudeln.

Öffentlich-rechtliche Sanktionen für die Verletzung der Mitwirkung­spflichten stellt der Gesetzgebe­r trotz rechtspoli­tischer Kritik bis heute nicht bereit. Vielmehr ist es Vorständen und Geschäftsf­ührern überlassen, Sinn und Wesen der „angemessen­en Maßnahmen“samt ihrer Grenzen umfassend zu ergründen und diese dann zu setzen.

Geldstrafe versus Zerwürfnis

Das WiEReG sieht die Meldung der obersten Führungseb­ene als wirtschaft­liche Eigentümer vor, wenn „nach Ausschöpfu­ng aller Möglichkei­ten“und „sofern keine Verdachtsm­omente vorliegen“kein (sonstiger) wirtschaft­licher Eigentümer festgestel­lt werden kann. Von dieser Möglichkei­t sollte aber nicht vorschnell Gebrauch gemacht werden. Haben die Geschäftsl­eiter nämlich eine solche subsidiäre Meldung aus späterer Sicht der Gerichte grob fahrlässig ohne die vorherige „Ausschöpfu­ng aller Möglichkei­ten“abgegeben, droht dem Rechtsträg­er eine Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro. Die Leiter selbst verantwort­en eine persönlich­e Pflichtver­letzung.

Möchte das Management sich absichern, darf es beim unkooperat­iven Eigentümer also nicht bloß urgieren, sondern hat eine Auskunftsk­lage gegen diesen zu erheben. Nicht undelikat, da die Führungseb­ene faktisch vom Wohlwollen der Eigentümer oder zumindest deren Mehrheit abhängig ist. Unterlässt das Management hingegen vorsichtsh­alber eine Erstmeldun­g, erwachsen dem Rechtsträg­er neben möglichen Zwangsstra­fen große Nachteile bei der Fremdfinan­zierung, insbesonde­re im Geschäftsv­erkehr mit Banken.

Die Führungseb­ene kann entweder eine Falschmeld­ung bezüglich des Registers riskieren oder durch eine Auskunftsk­lage die Hand beißen, die sie füttert.

Probleme in Kitzbühel

Letztere hat etwa die Bergbahn AG Kitzbühel gegen eine Anstalt mit Sitz in Liechtenst­ein, die zu über 30 Prozent an ihr beteiligt ist, erhoben. Eine wesentlich­e Erhellung der Nachforsch­ungspflich­ten und ihrer Grenzen ist aus diesem Verfahren aber nicht zu erwarten. Denn geklagt wurde nicht als „Streitigke­it aus dem Gesellscha­ftsverhält­nis“beim Landesgeri­cht Innsbruck, sondern beim Fürstliche­n Landgerich­t in Liechtenst­ein. Dessen Entscheidu­ngen binden die österreich­ische Justiz weder rechtlich noch faktisch.

Daher ist der Gesetzgebe­r gefordert, die unbefriedi­gende Rechtslage zu verbessern. Erstens wäre ein klärender Erlass des Finanzmini­steriums bezüglich jener Möglichkei­ten wünschensw­ert, die Vorstände und Geschäftsf­ührer bei der Ermittlung der wirtschaft­lichen Eigentümer auszuschöp­fen haben; zweitens eine Novelle des WiEReG, die handfeste Sanktionen gegen unkooperat­ive Eigentümer einführt. Dem Management würde das die meisten Auskunftsk­lagen ersparen. Und das Register selbst wäre objektiv richtiger befüllt.

MARTIN FRENZEL ist Partner bei Hule Bachmayr-Heyda Nordberg. frenzel@ hbn-legal.at

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