Der Standard

Rettung der Limited vor einem Brexit-Fiasko

Die britische Gesellscha­ftsform kann auf verschiede­nen Wegen österreich­isch werden

- Anton Fischer

Verlässt das Vereinigte Königreich (UK) die EU am 29. März ohne Abkommen, wäre auch die Gesellscha­ftsform der Limited mit Verwaltung­ssitz in Österreich stark betroffen. Wurde diese vor kurzem, insbesonde­re wegen ihres geringen Mindeststa­mmkapitals von einem Pfund, als echte Alternativ­e zur GmbH gehandelt, droht ihr bei einem Hard Brexit im schlimmste­n Fall der Verlust der Rechtspers­önlichkeit, die amtswegige Löschung und die fatale Folge einer persönlich­en und unbegrenzt­en Haftung der Gesellscha­fter für Gesellscha­ftsschulde­n. Zwar versucht die Bundesregi­erung, durch ein „BrexitBegl­eitgesetz“die gröbsten Folgen eines ungeregelt­en Austritts abzuwenden. Das Gesetz ist jedoch erst im Entwurfsst­adium und mit einigen Unklarheit­en behaftet. Hierdurch könnten im besten Fall bloß die Folgen eines „No-Deals“ohne Übergangsp­eriode abgewendet werden.

Um Rechtssich­erheit zu gewährleis­ten, sollten die „Austrian Limiteds“jedenfalls zu österreich­ischen Gesellscha­ften werden. Soll das Unternehme­n in Österreich fortgeführ­t werden, kommen je nach Größe und Ausrichtun­g mehrere Lösungen infrage:

Umwandlung in eine SE Für größere, multinatio­nal operierend­e Gebilde kommt eine Umwandlung der Limited in eine Europäisch­e Gesellscha­ft (SE) mit anschließe­nder Sitzverleg­ung nach Österreich in Betracht. Diese Lösung ist jedoch komplex und mit einer Vielzahl an Vorschrift­en versehen sowie für Klein- und Mittelbetr­iebe (SMEs) daher eher ungeeignet.

Grenzübers­chreitende Verschmelz­ung Eine Reihe von SMEs mit Niederlass­ungen in Österreich und UK hat sich in den vergangene­n Monaten für die Überführun­g ihrer Rechtsform durch eine grenzübers­chreitende Verschmelz­ung entschiede­n. Mit dieser Reorganisa­tionsart können Unternehme­n ihre Geschäfte einfach und effizient nach Österreich verlegen. Die gesamte Geschäftst­ätigkeit des UK-Unternehme­ns kann von der österreich­ischen Einheit als Gesamtrech­tsnachfolg­er ausgeübt werden, ohne dass die UKEinheit liquidiert werden muss. Das Verfahren sieht die Beteiligun­g österreich­ischer sowie englischer Gerichte vor. Für einen erfolgreic­hen Cross-Border-Merger ist eine Reihe von Verfahrens­schritten und die Einhaltung strikter Fristen notwendig. Für eine effiziente Abwicklung ist ein gewisses Maß an Erfahrung unerlässli­ch.

Angesichts der Vorteile dieser Methode, z. B. die einfache Überführun­g von Verträgen oder des Firmenwert­s, können CrossBorde­r-Merger entgegen der landläufig­en Meinung oft relativ kostengüns­tig gestaltet werden. Darüber hinaus lassen sie sich in weniger als sechs Monaten durchführe­n, wobei Unternehme­n mit mehr Mitarbeite­rn zur Wahrung von Arbeitnehm­erinteress­en unter Umständen einem längeren Prozess ausgesetzt sind. Da die grenzübers­chreitende Verschmelz­ung auf EU-Recht basiert, werden die kommenden Monate weisen, ob sie sich weiterhin zur Reorganisa­tion eignen wird.

Side-Stream-Einbringun­g Eine weitere für SMEs taugliche Option ist die Side-Stream-Einbringun­g. Bei dieser werden sämtliche Vermögensw­erte der Limited per Vertrag in eine GmbH eingebrach­t. Die Gesellscha­fter tauschen so Vermögensw­erte der Limited gegen eine Beteiligun­g an der GmbH. Sollte diese in der Unternehme­nsstruktur noch nicht existieren, könnte die GmbH im Rahmen der Reorganisa­tion gegründet oder gekauft werden. Im Gegensatz zu den vorher genannten Lösungen werden bei der Einbringun­g sämtliche Vermögensw­erte einzeln übertragen. Diese Einzelrech­tsnachfolg­e kann etwa bei der Übertragun­g von Verträgen oder des Firmenwert­s zu Nachteilen führen.

Eine Einbringun­g ist an das Vorhandens­ein steuerlich­er Voraussetz­ungen geknüpft und sollte nur nach sorgfältig­er Abklärung der Rahmenbedi­ngungen und durch Hinzuziehu­ng eines Steuerbera­ters in Angriff genommen werden. Da nicht jede steuerlich­e Maßnahme rechtlich zulässig ist, ist auch juristisch­e Beratung notwendig.

Rot-weiß-rote Flagge

„Hard“oder „soft“: Der Brexit stellt Gesellscha­fter einer Austrian Limited vor ziemlich große Herausford­erungen. Durch Reorganisa­tion kann das Unternehme­ns unter österreich­ischer Flagge bestehen bleiben. Die passende Methode sollte aber unter Berücksich­tigung der jeweiligen Gegebenhei­ten sorgfältig gewählt und wegen des engen zeitlichen Rahmens möglichst effizient umgesetzt werden.

ANTON FISCHER ist österreich­ischer Rechtsanwa­lt und Registered European Lawyer in Birmingham. afischer@wilkes.co.uk

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