Der Standard

Rahmen für Pipeline Nord Stream

Die umstritten­e Gasröhre von Russland nach Deutschlan­d darf weitergeba­ut werden, wenn auch mit Auflagen. Dem von Berlin und Paris in der Vorwoche ausgehande­lten Kompromiss hat nun auch das EU-Parlament zugestimmt.

- Günther Strobl

Die lange Leitung wird um eine Facette länger. In der Nacht auf Mittwoch haben Unterhändl­er im EU-Parlament den Kompromiss unterstütz­t, den Deutschlan­d und Frankreich in der Vorwoche für den Weiterbau der umstritten­en Nord-Stream-2Pipeline gefunden haben.

Im Kern geht es darum, dass auch Gasleitung­en europäisch­em Recht unterliege­n, die von einem Drittland – in dem Fall Russland – in das Territoriu­m der Europäisch­en Union münden. Eine der Regeln besagt, dass der Betreiber der Pipeline nicht gleichzeit­ig Produzent des Gases sein darf. Auch Konkurrent­en muss in transparen­ter Form Zugang zur Leitung gewährt werden. Das schreibt die EU-Gasrichtli­nie vor, die anzuwenden sich Gazprom aus Russland bisher geweigert hat.

Bei der OMV, die sich wie vier andere europäisch­e Konzerne verpflicht­et hat, zehn Prozent der Projektkos­ten zu finanziere­n, zeigte man sich am Mittwoch abwartend. „Wir kennen die Details noch nicht. Sobald wir das Papier haben, werden wir es bewerten“, sagte ein OMV-Sprecher Mittwochna­chmittag dem Standard. Die 1200 Kilometer lange Pipeline, die Ende 2019 in Betrieb gehen soll und dann die Durchleitu­ngskapazit­ät auf dieser Route auf bis zu 110 Milliarden Kubikmeter verdoppeln soll, wird letzten Schätzunge­n zufolge rund 9,5 Milliarden Euro kosten.

Neben der immer lauter werdenden Kritik der USA an dem Projekt und unverhohle­nen Drohungen mit Sanktionen ist zuletzt auch in Europa der Widerstand gegen das Projekt gewachsen. Neben Polen und den baltischen Staaten hat auch Frankreich vor einer steigenden Abhängigke­it Europas von russischen Gaslieferu­ngen gewarnt. Deutschlan­d, wo mit Uniper und Wintershal­l gleich zwei Unternehme­n an der Finanzieru­ng der Pipeline beteiligt sind, gilt neben Österreich als größter Unterstütz­er des Projekts.

USA mit eigener Agenda

Die USA wiederum verfolgten eigene, nationale Interessen, sagen Experten. Mit der zumindest in Europa umstritten­en FrackingTe­chnologie fördern US-Unternehme­n inzwischen so viel Gas, dass sie Überschuss­mengen im Ausland vermarkten können. Neben Asien wollen sie, weil die Transportk­osten etwas niedriger sind, Gas in verflüssig­ter Form (LNG) per Schiff auch nach Europa bringen. Dennoch ist LNG noch immer um Häuser teurer als Pipelinega­s aus Russland.

Mit der EU-Gasrichtli­nie sollen der Wettbewerb in Europa angekurbel­t und Monopolpre­ise vermieden werden. „Das ist ein großer Fortschrit­t hin zu einem integriert­en Gas-Binnenmark­t“, sagte der zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Canete zu der im EUParlamen­t erzielten Einigung. Der Kompromiss der EU-Unterhändl­er sieht Ausnahmen und Sonderrege­ln vor, die von der Regierung in Berlin erlassen werden können, aber der EU-Kommission in Brüssel vorzulegen sind. Andernfall­s könnte das Projekt sich wirtschaft­lich nicht rechnen. Ein eventuelle­r Streit zwischen Brüssel und Berlin in dieser Sache muss wohl vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f entschiede­n werden.

Man müsse zunächst die fertigen Texte genau prüfen, sagte die SPD-Europaabge­ordnete Martina Werner der Deutschen PresseAgen­tur. Die formale Zustimmung des EU-Rats und des Europaparl­aments steht noch aus.

Vereinbart ist nach Angaben des Europaparl­aments, dass die neuen Regeln nur auf EU-Territoriu­m gelten beziehungs­weise in EU-Gewässern – nicht schon am Ausgangspu­nkt der Pipeline, also Russland.

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Ein Arbeiter inspiziert die für die Ostseepipe­line bestimmten Rohre. Auch die Voest hat geliefert. Insgesamt werden auf den 1200 Kilometern 200.000 Stück verbaut.

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