Rumänien: Steuer auf Gier sorgt für Gewirr
Seit Jänner gilt eine Bankensteuer – nun könnte sie modifiziert werden
Steven van Groningen sieht von seinem Büro im siebten Stock des Skytower auf ein Bukarest. Er ist gelassen, obwohl seit Jänner eine Bankensteuer per Notverordnung umgesetzt wurde. Sie dürfte bei 0,9 Prozent liegen – weiter höher etwa als in Ungarn, Österreich oder Polen.
Für den CEO der Raiffeisenbank war es überraschend, dass zuvor niemand konsultiert wurde und dass sich die Steuer am Interbankenkurs orientieren soll. Denn das gab es noch nie. „Es hätte einen angemessenen Gesetzgebungsprozess gebraucht, um die Auswirkungen zu berechnen“, kritisiert Groningen. Im Dezember, als die Verordnung angekündigt wurde, stürzten die Kurse auch sofort ab. „Die Regierung sollte zu dem Schluss kommen, dass diese Verordnung betrügerisch ist, und sie reparieren“, so Groningen.
Insbesondere die Verbindung zum Interbankenkurs Robor müsse weg. Immerhin hat man nun damit begonnen, im Finanzministerium eine Studie zu der Steuer zu erstellen. „Ich erwarte noch in diesem ersten Viertel des Jahres Entscheidungen in der Sache“, so Groningen. Der Banker erwähnt auch rechtliche Möglichkeiten.
Die Notverordnung für die „Steuer auf Gier“, wie sie von der Regierung genannt wird, sei „eine exzellente Möglichkeit, eine Meinung beim Verfassungsgerichtshof einzuholen“, so Groningen. Dieser solle klären, ob solche Notverordnungen prinzipiell missbräuchlich seien oder nicht. „Dann wissen wir wenigstens, was wir in der Zukunft zu erwarten haben.“Dann fällt sein Blick hinaus auf das geschäftige Treiben in der Wintersonne von Bukarest.
Fehlende Bildung
Valentin Lazea hingegen sieht komplett schwarz. Der Chefökonom der rumänischen Nationalbank sitzt in dem prächtigen Zentralbank-Gebäude im Herzen der Stadt. In Rumänien fehle es an einem Bildungssystem, das die Bürger befähige, die Auswirkungen der Politik der Regierung zu verstehen, meint er. „Niemand kümmert sich mehr darum, was ökonomisch richtig oder falsch ist. Es gibt nur noch ein paar Leute, die die Vernunft über die Gefühle stellen. Aber in der Zwischenzeit entsteht großer Schaden.“
Die Bankensteuer sei gegen „den Geist“des Plans, der Rumänien in die Eurozone führen sollte. Lazea denkt, dass die Regierung von der falschen Annahme ausgehe, dass der Bankensektor enorm profitiere und die Banken das Land ohnehin nicht verlassen würden. Ganz besonders stört ihn die Anbindung der Bankensteuer an den Robor, was de facto die Geldpolitik hemme.
Für Lazea geht es darum, ob Rumänien in der sich anbahnenden europaweiten Wirtschaftskrise, dagegen halten kann oder schwer unter Druck kommt. „Investoren werden mit der Bankensteuer entmutigt, weil nichts mehr planbar ist“, sagt er. Wenn die Banken die zusätzlichen Kosten auf die Kunden umwälzen, würde das auch Auswirkungen auf das Konsumverhalten haben.