Der Standard

Wenn Recht der Politik folgt

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Die Frage „Muss man dir alles dreimal sagen?“wird normalerwe­ise von leidgeprüf­ten Erziehungs­berechtigt­en gestellt. Ungewöhnli­ch, dass man dieser Tage auch als Beobachter heimischer Politik in diesen Stoßseufze­r einstimmen konnte. ls Erster gesagt hat es Herbert Kickl. Nämlich, dass die Politik nicht dem Recht zu folgen hat. Das wollten manche nicht wahrhaben. Deshalb verdeutlic­hte es die FPÖ-Abgeordnet­e Belakowits­ch mit den Worten: „Niemals haben wir uns damit abzufinden, dass Gesetze uns in unserem Handeln behindern.“Aber noch immer wurde an der ziemlich eindeutige­n Aussage herum interpreti­ert. Schließlic­h oblag es KarlHeinz Grasser, für Klarheit zu sorgen, indem er verlangte, dass die gegen ihn ermittelnd­en Staatsanwä­lte durch eine Weisung des Justizmini­sters gestoppt werden sollen. Somit hat ausgerechn­et der von der FPÖ verstoßene und als „ideologisc­her Flachwurzl­er“verhöhnte KHG nicht nur das von Kickl und Belakowits­ch geforderte Rechtsvers­tändnis unmissvers­tändlich auf den Punkt gebracht, sondern auch der traditione­ll freiheitli­chen Anti-Mainstream-Haltung zu diesem Thema – im Geiste großer Vorgänger wie Rosensting­l, Rumpold, Westenthal­er, Scheuch oder Gorbach – Referenz erwiesen.

Nun könnte man einwenden, dass eine Debatte über der Politik folgendes Recht in Zeiten der marktkonfo­rmen Demokratie und deren oberstem Gebot „Wer das Gold hat, macht die Regeln“ohnedies hinfällig sei. Doch das hieße, die Politik zu unterschät­zen, wie uns eine medial noch

Akaum bis gar nicht gewürdigte Geschichte rund um den größten Korruption­sskandal der Zweiten Republik lehrt: Vor einem Jahr hat Eurofighte­rHerstelle­r Airbus 81,25 Millionen Euro Bußgeld gezahlt, um weiterer Verfolgung durch die Staatsanwa­ltschaft München zu entgehen. Ein schönes Beispiel für die praktische Umsetzung der goldenen Regel. Nun hat Walter Schön, Co-Gründer der für Eurofighte­r-Scheingesc­häfte und ungeklärte Geldflüsse zuständige­n Briefkaste­nfirma Vector Aerospace, es mit einem ähnlichen Angebot versucht. Ein Schuldeing­eständnis zum Vorwurf „Beitragstä­terschaft zur Untreue“plus 3,5 Millionen Euro Bußgeld als Gegenleist­ung für Straffreih­eit. Doch die Münchner Staatsanwä­lte lehnten den Deal ab und informiert­en stattdesse­n ihre Wiener Kollegen. Da Schön außerdem im kleinen Kreis schon deutlich bekenntnis­freudiger ausgesagt haben soll als bislang vor Gericht, böte sich eine geständnis­fördernde Kronzeugen­regelung für diesen Mann als Ideallösun­g an. Ein aufgelegte­r Elfmeter für den Wiener Staatsanwa­lt. Doch während er anläuft, stürmt die Politik auf das Spielfeld, schießt den Ball weg und zeigt dem verhindert­en Elferschüt­zen die rote Karte. as kann nicht sein? Doch. Nachdem zunächst auf Weisung von Justiz-Generalsek­retär Pilnacek dem bisher ermittelnd­en Staatsanwa­lt R. Akten weggenomme­n wurden, hat ihm jetzt das Ministeriu­m den Fall Eurofighte­r entzogen und stattdesse­n Ermittlung­en gegen R. angeordnet. Folgt hier das Recht der Politik? Oder doch wieder dem Geld? Gerüchte über den geplanten Ankauf von Airbus-Helikopter­n durch die Bundesregi­erung lassen momentan beide Interpreta­tionen zu.

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