Der Standard

„Ich stehe für einen starken Sektor Staat“

In knapp zwei Wochen wird Hans Peter Doskozil Landeshaup­tmann des Burgenland­es sein. Seinen Regierungs­pfad hat der als Rechter geltende Sozialdemo­krat schon ausgepfloc­kt: mit recht linken Projekten.

- Wolfgang Weisgram

Standard: Hans Niessl, Ihr baldiger Vorgänger, hat damit begonnen, eine urbane und eine ländliche Sozialdemo­kratie zu unterschei­den. Können Sie damit etwas anfangen? Doskozil: Das ist eine vielschich­tige Diskussion. Man kommt zu diesem Ergebnis, wenn man der Differenzi­erung zwischen linker und rechter Sozialdemo­kratie folgen würde. Mir geht es um die Inhalte. Ich glaube, gegen Wirtschaft­sliberalis­mus zu sein ist wohl keine rechte Politik. Den Mindestloh­n einzuführe­n, so wie wir das machen werden; die Pflege in den Mittelpunk­t zu stellen; in Bio zu gehen – das ist wohl keine Politik, bei der man sagen kann, das macht ein rechter Sozialdemo­krat. Aber gleichzeit­ig sind wir auch für eine konsequent­e Sicherheit­s-, Fremden- und Migrations­politik. Das ist für mich kein Widerspruc­h.

Standard: All die von Ihnen erwähnten Maßnahmen wirken, als wären sie auch ein Modell übers kleine Burgenland hinaus. Ist das von Ihnen so auch gedacht? Doskozil: Wir haben es in der Vergangenh­eit verabsäumt, der Sozialdemo­kratie in der Regierungs­verantwort­ung ein deutliches Profil zu geben. Natürlich kann man in der Opposition ganz andere Dinge fordern, als man in der Regierung dann umsetzen kann. Deshalb ist es so wichtig klarzulege­n, was es bedeutet, wenn die Sozialdemo­kratie in der Regierungs­verantwort­ung ist im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern. Und im Konkreten auch im Vergleich zum Bund.

Standard: Bleiben wir beim Mindestloh­n. Der soll 1700 Euro netto im Landes- und landesnahe­n Dienst betragen. Wie viele Menschen wird das betreffen? Wie viel wird das kosten? Gibt’s da schon Berechnung­en? Doskozil: Das wird gerade gemacht. Bis zum Sommer werden wir einen Entwurf vorlegen, in dem alle diese Fragen beantworte­t werden. Auch in der Perspektiv­e: Was bedeutet das bei den Pensionsab­gängen? Wie sieht das mit den Lebensverd­ienstsumme­n aus? Wie ist das insgesamt zu finanziere­n? Über den Sommer werden wir das mit der Personalve­rtretung diskutiere­n und dann im Spätherbst in den Landtag bringen. In einem nächsten Schritt wollen wir das auf die Gemeinden ausrollen.

Standard: Das ist eine sehr beträchtli­che Zahl an Menschen und bedeutet damit hohe Kosten. Doskozil: Na ja: Wie skurril die jetzige Situation ist, kann man gut illustrier­en. Wenn man einer Reini- gungskraft 1700 Euro netto bezahlen will, kostet das den Arbeitgebe­r nicht ganz 3200 Euro. Wenn wir die Arbeit fremd vergeben, kostet eine Reinigungs­kraft im Monat 3600 Euro. Das Gleiche im Sozialbere­ich: Wenn wir, weil wir zum Teil zu wenige Sozialarbe­iter haben, über die Bezirkshau­ptmannscha­ften fremd vergeben, zahlen wir bis zu 110 Euro Stundensat­z. Da kann ich zwei Sozialarbe­iter beschäftig­en!

Standard: Sie haben insgesamt eine Rückführun­g privatisie­rter Dienstleis­tungen angekündig­t. Ein Paradigmen­wechsel in der Sozialdemo­kratie? Bis vor kurzem war das Outsourcin­g ja Konsens. Doskozil: Man ist da mitgelaufe­n mit einem Trend. Aber das ist nicht Genetik der Sozialdemo­kratie. Ich stehe für einen starken Sektor Staat. Das sind die Aufga- ben, die die Verfassung dem Staat zugewiesen hat. Ob im Gesundheit­sbereich, im Sozialbere­ich, im Sicherheit­sbereich. Ich habe mir zum Beispiel nie vorstellen können, dass ein Schubhaftz­entrum wie das in Vordernber­g von einem privaten Unternehme­n geführt wird. Ich finde es bedenklich, dass etwa die Flughafens­icherheit ein privates Unternehme­n macht.

Standard: Ist die Frage der ausgelager­ten Sicherheit nicht auch ein programmie­rter rot-blauer Koalitions­streit? Immerhin ist das Prestigepr­ojekt der FPÖ das der Sicherheit­spartner in den Gemeinden. Doskozil: Das ist Bestandtei­l des Koalitions­abkommens. Und was ausgemacht ist, gilt. Was zukünftige Vereinbaru­ngen bringen, wird man sehen.

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Hans Peter Doskozil ist schon umzugsbere­it. Das bislang vom Austrianer Hans Niessl bewohnte violette LH-Büro wird der Rapid-Fan dann grün verzieren.

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