„Ich stehe für einen starken Sektor Staat“
In knapp zwei Wochen wird Hans Peter Doskozil Landeshauptmann des Burgenlandes sein. Seinen Regierungspfad hat der als Rechter geltende Sozialdemokrat schon ausgepflockt: mit recht linken Projekten.
Standard: Hans Niessl, Ihr baldiger Vorgänger, hat damit begonnen, eine urbane und eine ländliche Sozialdemokratie zu unterscheiden. Können Sie damit etwas anfangen? Doskozil: Das ist eine vielschichtige Diskussion. Man kommt zu diesem Ergebnis, wenn man der Differenzierung zwischen linker und rechter Sozialdemokratie folgen würde. Mir geht es um die Inhalte. Ich glaube, gegen Wirtschaftsliberalismus zu sein ist wohl keine rechte Politik. Den Mindestlohn einzuführen, so wie wir das machen werden; die Pflege in den Mittelpunkt zu stellen; in Bio zu gehen – das ist wohl keine Politik, bei der man sagen kann, das macht ein rechter Sozialdemokrat. Aber gleichzeitig sind wir auch für eine konsequente Sicherheits-, Fremden- und Migrationspolitik. Das ist für mich kein Widerspruch.
Standard: All die von Ihnen erwähnten Maßnahmen wirken, als wären sie auch ein Modell übers kleine Burgenland hinaus. Ist das von Ihnen so auch gedacht? Doskozil: Wir haben es in der Vergangenheit verabsäumt, der Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung ein deutliches Profil zu geben. Natürlich kann man in der Opposition ganz andere Dinge fordern, als man in der Regierung dann umsetzen kann. Deshalb ist es so wichtig klarzulegen, was es bedeutet, wenn die Sozialdemokratie in der Regierungsverantwortung ist im Vergleich zu anderen Bundesländern. Und im Konkreten auch im Vergleich zum Bund.
Standard: Bleiben wir beim Mindestlohn. Der soll 1700 Euro netto im Landes- und landesnahen Dienst betragen. Wie viele Menschen wird das betreffen? Wie viel wird das kosten? Gibt’s da schon Berechnungen? Doskozil: Das wird gerade gemacht. Bis zum Sommer werden wir einen Entwurf vorlegen, in dem alle diese Fragen beantwortet werden. Auch in der Perspektive: Was bedeutet das bei den Pensionsabgängen? Wie sieht das mit den Lebensverdienstsummen aus? Wie ist das insgesamt zu finanzieren? Über den Sommer werden wir das mit der Personalvertretung diskutieren und dann im Spätherbst in den Landtag bringen. In einem nächsten Schritt wollen wir das auf die Gemeinden ausrollen.
Standard: Das ist eine sehr beträchtliche Zahl an Menschen und bedeutet damit hohe Kosten. Doskozil: Na ja: Wie skurril die jetzige Situation ist, kann man gut illustrieren. Wenn man einer Reini- gungskraft 1700 Euro netto bezahlen will, kostet das den Arbeitgeber nicht ganz 3200 Euro. Wenn wir die Arbeit fremd vergeben, kostet eine Reinigungskraft im Monat 3600 Euro. Das Gleiche im Sozialbereich: Wenn wir, weil wir zum Teil zu wenige Sozialarbeiter haben, über die Bezirkshauptmannschaften fremd vergeben, zahlen wir bis zu 110 Euro Stundensatz. Da kann ich zwei Sozialarbeiter beschäftigen!
Standard: Sie haben insgesamt eine Rückführung privatisierter Dienstleistungen angekündigt. Ein Paradigmenwechsel in der Sozialdemokratie? Bis vor kurzem war das Outsourcing ja Konsens. Doskozil: Man ist da mitgelaufen mit einem Trend. Aber das ist nicht Genetik der Sozialdemokratie. Ich stehe für einen starken Sektor Staat. Das sind die Aufga- ben, die die Verfassung dem Staat zugewiesen hat. Ob im Gesundheitsbereich, im Sozialbereich, im Sicherheitsbereich. Ich habe mir zum Beispiel nie vorstellen können, dass ein Schubhaftzentrum wie das in Vordernberg von einem privaten Unternehmen geführt wird. Ich finde es bedenklich, dass etwa die Flughafensicherheit ein privates Unternehmen macht.
Standard: Ist die Frage der ausgelagerten Sicherheit nicht auch ein programmierter rot-blauer Koalitionsstreit? Immerhin ist das Prestigeprojekt der FPÖ das der Sicherheitspartner in den Gemeinden. Doskozil: Das ist Bestandteil des Koalitionsabkommens. Und was ausgemacht ist, gilt. Was zukünftige Vereinbarungen bringen, wird man sehen.