Zwei Versionen im Streit über Religionsnoten
„IGGÖ“oder „islam.“? Eine Änderung in den Schulzeugnissen sorgt für Zerwürfnisse zwischen Bildungsministerium und der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Ein Kompromissvorschlag sollte kalmieren, bewirkt aber das Gegenteil.
Begonnen hat es am 1. Februar, als in Wien und Niederösterreich die Semesterferien ausgerufen wurden. Dort, wo muslimische Schüler beim Wahlfach sonst die Bezeichnung „islam.“für „islamisch“vorfanden, stand auf einmal „IGGÖ“– die Abkürzung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.
Deren Präsident Ümit Vural zeigte sich irritiert, er hat davon nichts gewusst. „Das ist eine Entscheidung, die ich nicht mitgetragen habe, aber jetzt den Eltern erklären muss“, erklärte er damals der APA. Vural ortete einen „klaren Akt der Diskriminierung“, es sei „nichts weniger als ein ganzes Religionsbekenntnis von Zeugnissen verschwunden“. Deshalb kündigte er auch an, rechtliche Schritte prüfen zu lassen.
Das zuständige Bildungsministerium verwies auf eine entsprechende Empfehlung des Kultusamts. Grund sei, dass die Bezeichnung „islamisch“als zu ungenau empfunden worden sei. Trotzdem zeigte sich das Ministerium gesprächsbereit, mit der IGGÖ einen möglichen Kompromiss zu finden.
Ein entsprechendes Treffen hat bereits stattgefunden, und zwar am 8. Februar. Das Ergebnis: nicht genügend. Von Ministeriumsseite wurde folgender Vorschlag gemacht: In Zukunft könne in den Zeugnissen wieder „islam.“stehen, versehen mit einem Zusatz in Klammer. Also beispielsweise IGGÖ oder Alevi für die Aleviten, die sich von der IGGÖ abgespalten haben und die zweite anerkannte islamische Glaubensgemein- schaft in Österreich sind. SCHIA wäre auch möglich, und zwar für die Schiiten, die derzeit nur als staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft eingetragen.
Auf diesen Vorschlag, so Faßmann, sei die IGGÖ aber nicht eingegangen. „Das Problem sehe ich in dem Alleinvertretungsanspruch, den die IGGÖ hier stellt“, sagte er. Die IGGÖ wurde aufgefordert, einen eigenen Vorschlag zu machen. Diesbezüglich sei bisher aber nichts gekommen, heißt es aus dem Bildungsministerium.
IGGÖ will vor Gericht ziehen
Für die IGGÖ sind die Aussagen nicht nachvollziehbar. Die angesprochene Lösung sei gar nicht thematisiert worden, heißt es auf Anfrage. Vielmehr sei- en „faktisch wie auch rechtlich unhaltbare Vorschläge gekommen“. Deshalb, so die IGGÖ in einer schriftlichen Stellungnahme, sei das Vertrauensverhältnis mit dem Ministerium zerrüttet. Man werde „eine rechtssichere Lösung vor den zuständigen Gerichten suchen“.
Die rechtliche Grundlage für die Erstellung des Zeugnisses ist die sogenannte Zeugnisformularverordnung. Diese verweist auf einen Anhang mit der Auflistung aller in Österreich gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften. Im Herbst wurde dieser Anhang geändert – statt der Bezeichnung „Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“und „islam.“scheint nur noch „Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ)“auf.
Aus dem gleichen Grund wird auch „röm-kath.“für römischkatholisch sowie „evang.“für evangelisch in den Zeugnissen vermerkt und nicht „christlich“.
Die Änderung in Sachen Religionsnoten ist übrigens noch nicht in allen Schulen angekommen. In Oberösterreich, wo am Freitag die Zeugnisse verteilt wurden, gab es vereinzelt Fälle, wo noch die nun veraltete Bezeichnung „islam.“aufschien. Es handle sich um eine kurzfristige Weisung des Ministeriums, wurde gemunkelt.
Die oberösterreichische Bildungsdirektion klärte auf Anfrage des auf: Es habe sich in diesen Fällen lediglich um ein Versehen gehandelt, die Zeugnisse wurden in einer neuen, aktualisierten Version ausgegeben.