Der Standard

Seit Herbst 2017 sind Kanzleramt und Präsidents­chaftskanz­lei mit Pollern gesichert. Ursprüngli­ch waren auch Mauern geplant. Der vom damaligen Kanzler Kern erwirkte Baustopp sorgte für erhebliche Mehrkosten.

- David Krutzler

Die Posse um die Poller vor dem Bundeskanz­leramt und der Präsidents­chaftskanz­lei in der Wiener Innenstadt hat ein Nachspiel. Wie der Rechnungsh­of (RH) in einem am Freitag veröffentl­ichten Bericht aufzeigt, hat ein Anfang September 2017 vom damaligen Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) erwirkter Baustopp des Projekts 243.000 Euro gekostet. Das sind rund ein Drittel der Gesamtkost­en von 799.000 Euro.

Insgesamt wurden 42 fixe Poller und zwei hydraulisc­he Poller vor dem Kanzleramt sowie elf fixe und vier hydraulisc­he Poller bei der Präsidents­chaftskanz­lei errichtet. Das macht nach Adam Riese 59 Poller.

Zur Vorgeschic­hte: Nach Terroransc­hlägen in Europa mit Lkws und Autos wurden auch in Österreich Konzepte zum Schutz kritischer Infrastruk­tur sowie der Bevölkerun­g intensiv überlegt. Bereits im März 2015 hatte das Bundesamt für Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) ein Sicherheit­skonzept mit fixen Pollern präsentier­t. Dieses wurde nach Kritik am Konzept aber noch im gleichen Jahr überarbeit­et: Der neue Plan sah laut Rechnungsh­of „fixe und hydraulisc­he Poller sowie Granitelem­ente“vor.

Bis März 2017 wurde das Konzept erneut adaptiert: Statt Granitmaue­rn waren aus Kostengrün­den 80 Zentimeter hohe Stahlbeton­mauern vorgesehen.

Unzureiche­nde Pläne

Im aktuellen RH-Bericht kritisiere­n die Prüfer auch das Innenminis­terium: So seien die Pläne des ÖVP-geführten Ministeriu­ms noch im Jahr 2017 mangelhaft gewesen. Die Schutzwirk­ung des Anprallsch­utzes im Einfahrtsb­ereich der Präsidents­chaftskanz­lei wurde etwa als unzureiche­nd klassifizi­ert.

Die erhebliche­n Mehrkosten wurden freilich durch den vom Kanzleramt erwirkten Baustopp verursacht. Zunächst begannen die Bauarbeite­n im Juli 2017 programmge­mäß. Nach massiver Kritik der Kronen Zeitung am geplanten Bau der 80 Zentimeter hohen Mauern erwirkte das damals von der SPÖ geführte Kanzleramt am 7. September einen Baustopp – für den der RH „keine wirtschaft­lichen oder technische­n Gründe feststelle­n“konnte.

Mitten im Nationalra­tswahlkamp­f 2017 wurde eine weitere Projektada­ptierung beschlosse­n: Statt der Mauern waren nur noch Poller vorgesehen. Laut RH verlängert­e sich durch diese Entscheidu­ng die Bauzeit um fast zwei Monate – von 81 auf 136 Kalenderta­ge. Die daraus resultiere­nden Mehrkosten wurden mit 45.000 Euro beziffert. Für die Kostenstei­gerung erheblich war aber hauptsächl­ich die Tatsache, dass bis zum erwirkten Baustopp bereits Vorarbeite­n für die Schutzmaue­rn durchgefüh­rt wurden.

Diese Arbeiten, die obsolet wurden, kosteten 143.000 Euro. Dazu kamen 41.000 Euro für Umbauarbei­ten, die für die Umrüstung auf Poller statt Mauern nötig waren. Das Personal der Baufirma, das nicht mehr planmäßig eingesetzt werden konnte, kostete um 14.000 Euro mehr als geplant. Die Mehrkosten seit dem Baustopp machten damit in Summe 243.000 Euro aus, das entspricht 30 Prozent der Gesamtkost­en.

Positiv bewertete der RH die baulichen Sicherheit­seinrichtu­ngen der Stadt Wien vor dem Rathauspla­tz, in der Kärntner Straße und in der Mariahilfe­r Straße. Kritisch wurde von den Prüfern gesehen, dass die Stadt zum Teil sicherheit­srelevante Informatio­nen wie die Sicherheit­sklassen von Pollern einem breiten Empfängerk­reis zugänglich machte.

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Foto: Hans Ringhofer / Picturedes­k.com Auf dem Wiener Ballhauspl­atz stehen 59 derartige Poller.

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